Deutschland hat sich für die Energiewende viel vorgenommen: Bis 2050 soll der Anteil der Erneuerbaren Energien am Stromverbrauch bei 80 Prozent liegen. Mit dem Ausbau von Windenergie, Photovoltaik und anderer regenerativer Energieträger sowie der zunehmenden Elektrifizierung der Gesellschaft stehen Wirtschaft, Politik und Wissenschaft vor einer großen Herausforderung: Die dezentral gewonnene Energie muss bei Überproduktion möglichst effizient und vor allem nachhaltig gespeichert werden, um im Falle von Verbrauchsspitzen in das Energienetz eingespeist zu werden. Ein vielversprechendes energiewirtschaftliches Konzept nennt sich Power to Gas. Dabei wird mit Elektrolyse und Methanisierung aus Wind- oder Solarenergie Methan gewonnen. Energie wird damit als Gas gespeichert und bei Bedarf zurückgewonnen. Auch auf dem automobilen Sektor könnte Methanisierung die Verbreitung gasbetriebener Fahrzeuge voranbringen. Das dafür benötigte Methan könnte umweltschonend produziert werden. Forscher weltweit arbeiten mit Hochdruck daran, diese Technologie energiewirtschaftlich relevanter und einfacher zu gestalten. Federführend dabei ist das Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme in Magdeburg, das bereits seit etwa sieben Jahren in diesem Forschungsfeld aktiv ist. Für seine Arbeiten setzt das Institut in ihrer Pilotanlage eine Wärmeübertragungsanlage von Lauda ein, die den sehr spezifischen Anforderungen der Forscher gerecht werden muss.
Genaues und schnelles Abkühlen gefordert
Heiz- und Kühlsysteme, die industrielle Sparte des Temperiergeräteherstellers Lauda, plant und fertigt maßgeschneiderte Temperieranlagen exakt nach Kundenwunsch. Für das Max-Planck-Institut wurde eine Wärmeübertragungsanlage des Typs ITH 350 entwickelt. Eingesetzt wird die Anlage zur Temperierung eines Reaktors. Dabei muss die Anlage eine Kühlung von 100 Kelvin pro Minute leisten können, ohne im Endpunkt zu unterschwingen. Sie muss also rasch herunterkühlen, darf aber einen bestimmten Temperaturpunkt nicht unterschreiten, um den eigentlichen Prozess nicht zu gefährden. Eine Herausforderung, auch für die Lauda Ingenieure, denn Wärmeübertragungsanlagen sorgen meist vor allem für konstante Temperierleistungen. Für die Forschung des Max-Planck-Instituts musste die Anlage nun reaktionsschnell gegenkühlen.
In Minuten von 340 °C auf 150 °C abkühlen
Die Methanisierungsreaktion erzeugt viel Wärme und hohe Temperaturen, die den Reaktor, aber vor allem den Katalysator, beschädigen können. Bisher wurden solche Prozesse typischerweise einmal langsam hochgefahren und dann über Wochen konstant betrieben. “Wir versuchen zunächst zu identifizieren, wie dynamisch dieser Prozess betrieben werden kann und leiten daraus erste Ansätze für neue Betriebsstrategien und Reaktordesigns ab. Erste vielversprechende Ergebnisse auf Basis computergestützter Rechnungen liegen bereits vor, und nun wollen wir mit der Pilotanlage diese Ergebnisse verifizieren”, erläutert Projektleiter Jens Bremer das Ziel der Forscher. Entsprechend hoch sind die Ansprüche an die Temperierung. Die dafür notwendige Präzision leistet die Wärmeübertragungsanlage. “Die Performance und Dynamik des Reaktors wird maßgeblich durch dessen Kühlung bestimmt. Eine schnell regulierbare Temperierung ermöglicht es, flexibel auf äußere Einflüsse wie etwa eine abnehmende Versorgung mit Wasserstoff reagieren zu können, ohne den Reaktor runterfahren zu müssen”, so Jens Bremer.
Während des Prozesses wird der Reaktor auf 340 °C elektrisch aufgeheizt. Ab einer definierten Temperatur setzt eine exotherme Reaktion ein, die schlagartig auf 150 °C gekühlt werden muss. Ein in Normalfällen verwendetes, elektronisches Ventil, das als Regelorgan dient, wäre für diesen Anwendungsfall deutlich zu langsam. Je nach Stellgröße kann mit Hilfe des Ventils die Kühlleistung verändert werden. Bei Kühlung mit Kühlwasser wird in normalen Kühlaufgaben die Kühlleistung limitiert, um die Materialien bei einem großen Temperaturunterschied zu schonen. Im diesem Fall verlangte die Aufgabenstellung aber eine schnelle Öffnung, um die geforderte Abkühlgeschwindigkeit zu erreichen, ohne das Material zu sehr unter Stress zu setzen. Die Ingenieure haben deshalb ein pneumatisches 3‑Wege-Ventil verbaut, das sich in nur zwei Sekunden öffnet, um eine Abkühlung des Wärmeträgers von mehr als 150 °C pro Minute zu garantieren.
In ihrem Inneren besteht die Wärmeübertragungsanlage aus zwei Temperierkreisläufen. Während der erste Kreis ein Puffergefäß temperiert, temperiert der zweite Kreislauf den Prüfaufbau des Max-Planck-Instituts. Beide Kreise sind über den Medienvorratsspeicher miteinander verbunden und nutzen das gleiche Medium. Eine weitere Anforderung des Kunden an die Anlage war, dass der verwendete Wärmeträger bis 350 °C einsetzbar sein musste. Das Unternehmen setzt deshalb auf ein Thermalöl, das den hohen Anforderungen an das Material gerecht wird.
Spezifische Anforderungen des Kunden erfüllt
Lauda hat die spezielle Wärmeübertragungsanlage gemäß den Wünschen des Max-Planck-Instituts entwickelt und konstruiert. Die engen räumlichen Gegebenheiten wurden dabei bereits in der Entwicklungsphase am Computer in Betracht gezogen. Die Anlage musste in einem speziellen Sicherheitsdom Platz finden, was etwa die Anbringung der Schaltschränke an der Seite notwendig machte. Die Stutzenanlagen liegen, wie vom Kunden gewünscht, teilweise an der Unterseite des Gerätes. Zum Aufbau wurde die Anlage in zwei Teilen nach Magdeburg geliefert und dort mit einem Kran in die Einhausung aus Sicherheitsglas gehoben.
Mit der Wärmeübertragungsanlage zur Forschung im Bereich Methanisierung hat das Unternehmen bereits zum zweiten Mal eine Anlage an das Max-Planck-Institut geliefert. Dort ist man mit den Leistungen des Temperieranlagenherstellers mehr als zufrieden: “Von der ersten Konzeptentwicklung bis zur finalen Einbringung vor Ort wurden wir sehr gut beraten und betreut. Kein anderer angefragter Hersteller hat diese Flexibilität für unsere spezielle Aufgabe aufbringen können”, erklärt Projektleiter Jens Bremer.