Heute müssen Prüfstände in chemischen Laboren nicht nur umgehend exakte Prüfergebnisse liefern, sondern auch je nach Kundenanforderung kurzfristig umgerüstet werden können. Dabei dürfen aber keine Abstriche an der Qualität der Prüfparameter und der Daten gemacht werden. Die Unternehmen Reiss aus Weinheim ist auf die Fertigung und den Vertrieb von elektrochemischen Messsystemen für die Wasserentkeimung spezialisiert. In Zusammenarbeit mit Jumo, Anbieter von Mess- und Regeltechnik aus Fulda, haben sie nun in einem Partnering-Projekt eine maßgeschneiderte Lösung entwickelt. Hierdurch kann Reiss die bedienerfreundliche unternehmenseigene Hardware einsetzen und flexibel neu programmieren, um die Vielfalt an Sensoren prüfen zu können.
Der Prüfstand ist dafür ausgelegt, elektrochemische Sensoren von Reiss im Betrieb zu testen. Dieser kann sowohl in der Entwicklung als auch in der Qualitätsprüfung der Sensoren eingesetzt werden. Die Sensoren können eine Bandbreite an Desinfektionsmitteln und ‑nebenprodukten, wie Chlor, Chlordioxid, Ozon, Peressigsäure, Wasserstoffperoxid, Brom und Chlorit, in einem Konzentrationsbereich von 0,05 ppm und 20 Prozent im Messwasser erfassen.
Die Ausgangssignale der Sensoren sind an den Kundenwünschen orientiert, wie 4–20 mA, 0–2 V und Modbus. Zusätzlich können die Versuchsparameter flexibel gewählt werden:
- Konzentration /Desinfektionsmittel: 0,05 ppm bis 20 Prozent
- Druck: 0,1 bar bis 11 bar
- Temperatur: 0 bis 75 Grad Celsius
- pH Wert: 2 bis 12
- Leitfähigkeit: 10µS/cm bis 50 mS/cm
Die bisher eingesetzten Prüfstände sind aus mehreren unabhängigen Reglern (Aquis 500) und einem Bildschirmschreiber (Logoscreen nt) aufgebaut. Das machte in der Vergangenheit kurzfristige Änderungen an den Prüfständen sehr aufwendig. So war für einen geänderten Prüfaufbau eine neue Verkabelung erforderlich, wofür zumeist eine Elektrofachkraft notwendig war. Der Prüfstand war nicht modular erweiterbar, komplexe Überwachungsfunktionen konnten nicht umgesetzt werden und der Prüfstand war nur vor Ort steuerbar und parametrierbar.
In den Gesprächen zwischen Reiss und Jumo wurde nach einer maßgeschneiderten Lösung gesucht. Hier kam das variTRON System von Jumo ins Spiel, das gleich mehrere Vorteile bietet. Denn es besteht die Möglichkeit Sensoren für Flüssigkeitsanalyse mit wenigen Handgriffen und ohne fest zu installierende Module anzuschließen. Reiss setzt neben den Desinfektionsmessgrößen, die Parameter Leitfähigkeit und pH-Wert ein.
Der neue Prüfstand enthält bereits die notwendige Hardware, um die Vielfalt an Sensoren zu prüfen. Gewünschte Änderungen sind über die Entwicklungsumgebung (CODESYS) schnell zu realisieren. Mit digiLine, einer digitalen Kommunikationslösung basierend auf dem Modbus-Protokoll, steht eine Vielzahl von Analysemessgrößen zur Verfügung.
Komplexe Überwachungsfunktionen, die einen Überdruck, eine Überhitzung und ein Trockenlaufen des Prüfstandes vermeiden, sind umsetzbar, wodurch die Prozesssicherheit deutlich erhöht wird. Außerdem bietet die Jumo Lösung eine Durchgängigkeit im Prozess, im Gegensatz zur etablierten Analysetechnik, die keine Automationskomponenten anbietet. Der Reiss Prüfstand ist dank des Jumo variTRON eine vollumfängliche SPS, basierend auf der Entwicklungsumgebung CODESYS. Dieses System kann Prozesse steuern, regeln, überwachen und auch aufzeichnen.
Die Parametrierung des Prüfstandes erfolgt über den Webbrowser, wodurch der Prüfstand auch remote gesteuert werden kann und eine maximale Prozessflexibilität bietet. Der variTRON nutzt neben Modbus auch andere Protokolle, wie zum Beispiel PROFINET, EtherCAT, BACnet, MQTT und OPC UA. Die Flexibilität der Lösung erlaubt Reiss zukünftig weiter auf dem variTRON System aufzubauen. So wäre zum Beispiel die Anbindung an eine SCADA oder Cloud realisierbar, um die Verfügbarkeit der Daten lokal oder global zu ermöglichen.