Der Anspruch des InnovationsCampus Mobilität der Zukunft (ICM), des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der Universität Stuttgart ist mobil bleiben und produzieren, ohne die Umwelt zu überfordern. Fast 300 Forschende arbeiten in mehr als 60 Projekten und 40 Instituten an Elektromotoren ohne Seltene Erden, neuen Fertigungstechnologien und selbstlernenden Software-Systemen für Fahrzeuge. Der ICM ist eine der größten Initiativen zur zukünftigen Mobilität und Produktion in Deutschland. Erste am ICM erarbeitete Lösungen zeigen, dass sich wirtschaftlicher Erfolg und ökologische Verantwortung nicht ausschließen, sondern sogar ergänzen können. Einige davon wurden bei den „Future Mobility Open Labs“ am KIT vorgestellt.
„Baden-Württemberg gestaltet die Transformation zu einer nachhaltigen und ressourcenschonenden Mobilität mit: Durch die Verbindung der beiden forschungsstarken Universitäten KIT und Universität Stuttgart im InnovationsCampus Mobilität der Zukunft schaffen wir ein attraktives Forschungsumfeld. Kluge Köpfe aus der Wissenschaft kommen hier zusammen, um durch exzellente interdisziplinäre Forschung die Grundlagen für die Mobilitäts- und Produktionstechnologien von morgen zu liefern“, sagt die baden-württembergische Wissenschaftsministerin Petra Olschowski. „Der InnovationsCampus Mobilität der Zukunft ist ein Forschungsleuchtturm – hier werden Bausteine für eine klimaneutrale Zukunft entwickelt.“
Den bisherigen Weg, gemeinsame Erfolge und die Zukunft des ICM stellten Professor Thomas Hirth, Vizepräsident für Transfer und Internationales des KIT, und Professor Peter Middendorf, Prorektor für Wissens- und Technologietransfer an der Universität Stuttgart, bei der Veranstaltung vor.
Materialsparende und verschleißarme E‑Motoren
„Wir können eine nachhaltige und lebenswerte Welt nicht ohne Technologie gestalten. Dafür das Fundament zu legen, ist Aufgabe der Forschung. Dies ist auch der Kern der Mission des ICM“, so Professor Albert Albers, Sprecher der Institutsleitung am IPEK – Institut für Produktentwicklung des KIT. Prototypen von neuartigen Elektromotoren gibt es bereits: „Reluktanzmotoren kommen ohne Permanentmagneten und Seltene Erden aus, sodass sie sehr nachhaltig und ressourcenschonend sind“, sagt Professorin Nejila Parspour, Direktorin des Instituts für Elektrische Energiewandlung der Universität Stuttgart. „Heute wird diese Maschine wegen ihrer geringeren Leistungsstärke aber noch nicht in Fahrzeugen eingesetzt. Der ICM entwickelt deshalb Möglichkeiten, die Drehzahl der Motoren zu steigern.“
Ein weiteres Forschungsfeld: elektrisch erregte Motoren. Im Gegensatz zu permanenterregten Motoren mit Seltenen Erden, die in nahezu jedem Fahrzeug eingesetzt werden, versprechen diese Motoren höhere Wirkungsgrade bei mittleren bis hohen Drehzahlen, was mehr Reichweite für batteriebetriebene Fahrzeuge bedeutet. Derzeit sind diese Maschinen noch verschleißanfällig, die Energieübertragung auf die Rotorwelle erfolgt über Schleifringe, die sich stark abnutzen. Am ICM arbeiten Forschende an einer verschleißfreien induktiven Energieübertragung, die diesen Motortyp serientauglich für die breite Masse der Fahrzeuge auf dem Markt machen kann.
Selbstlernende Fahrzeugflotten
Die elektrischen und elektronischen Systeme in Fahrzeugen werden immer komplexer, konstatiert Professor Eric Sax vom Institut für Technik der Informationsverarbeitung des KIT. „Für eine effiziente und sichere Mobilität müssen alle Informationen und Komponenten optimal zusammenspielen. Dafür ist die entsprechende Informationstechnik der Schlüssel: nämlich Software, die sich im Fahrbetrieb selbst optimiert und erworbenes Wissen dann über eine Luftschnittstelle anderen Fahrzeugflotten zur Verfügung stellt.“ Prototypen laufen derzeit mit lernenden Busflotten, erste Serien könnte es 2025 geben.
Produktion muss sich ändernden Ansprüchen laufend anpassen können
Wenn sich die Ansprüche an Produkte wandeln, muss sich die Produktion verändern: „Kaum eine Branche steht vor so weitreichenden Veränderungen wie das Mobilitätssegment“, sagt Junior-Professor Andreas Wortmann vom Institut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen der Universität Stuttgart. Deshalb müssen Anlagen, Maschinen und Prozesse der Fahrzeug- und Zulieferindustrie wandelbar sein, Software sollte sich automatisch anpassen. Obendrein bietet der Produktionsprozess an sich großes Potenzial zur Reduktion von Emissionen.
„Gebraucht werden also flexible und universell einsetzbare Fertigungssysteme sowie schnelle und automatische Softwareanpassungen“, sagt Professorin Gisela Lanza vom wbk Institut für Produktionstechnik am KIT. Das Ziel: die Universalmaschine. „Wir arbeiten daran, alle laserbasierten Fertigungsverfahren zu integrieren“, sagt Professor Thomas Graf, Direktor am Institut für Strahlwerkzeuge der Universität Stuttgart.
3D-Druck, Schweißen, Schneiden, Bohren, Beschichten und Härten auf einer einzigen Anlage – sozusagen als „Schweizer Taschenmesser“ der Fertigung – ermögliche eine ortsunabhängige, hocheffiziente Produktion ohne Lagerhaltung und Logistikketten.