Auf den Gesundheitssektor entfallen nach Daten des Umweltbundesamtes von Anfang Januar 2021 etwa fünf Prozent des gesamten Rohstoffverbrauchs in Deutschland. Was dies konkret im medizinischen Alltag bedeutet, zeigen etwa Berechnungen des Zentrums Ressourceneffizienz zum Wasserverbrauch in Krankenhäusern: So verbraucht etwa ein Bett in einem deutschen Krankenhaus 300 bis 600 Liter Wasser täglich. „Der Umweltschutz ist in den nächsten Jahren die größte Aufgabe unserer Gesellschaft. Jede:r muss einen Beitrag dazu leisten, auch wir Mediziner:innen“, sagt Dr. med. Kerstin Westphalen, Vorstandsmitglied der Deutschen Röntgengesellschaft (DRG), Sprecherin der internen Kommission Nachhaltigkeit@DRG und Chefärztin am Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie an den DRK-Kliniken in Berlin-Köpenick.
Auch die Radiologie sieht Dr. Kerstin Westphalen in der Pflicht, mehr Umwelt- und Klimaschutz sowie Nachhaltigkeit im klinischen Alltag umzusetzen, schließlich verbrauchen allein die in der Radiologie bei der Versorgung von Patient:innen eingesetzten medizintechnischen Großgeräte wie Magnetresonanztomografen oder Computertomografen sehr viel Energie und produzieren große Mengen an klimaschädlichem CO2.
„Es gibt bereits einige Kliniken, die sich das Ziel ‚Nullemissionen‘ gesetzt haben und mit wenigen Veränderungen schon viel erreicht haben. Auch im ambulanten Bereich finden sich Kolleg:innen mit nachhaltigen Praxiskonzepten. Leider sind solche Beispiele aber noch Einzelfälle.“
— Kerstin Westphalen
Nachhaltigkeit in der Radiologie
Um aus Einzelfällen in Zukunft eine Selbstverständlichkeit zu machen und der eigenen gesellschaftspolitischen Verantwortung gerecht zu werden, wollen Kerstin Westphalen und die DRG die deutschen Radiolog:innen nicht nur stärker für Umwelt- und Klimaschutz sensibilisieren und über das Thema informieren, sondern auch für das noch umfassendere Konzept der Nachhaltigkeit werben. „Nachhaltigkeit kann in die drei Dimensionen Ökonomie, Ökologie und Soziales unterteilt werden“, erklärt Kerstin Westphalen. „In der ökologischen Dimension geht es besonders um das Thema ‚Ressourcenschonung‘. Die ökonomische Dimension zielt vor allem auf kontinuierliches und stabiles Handeln ab. Die dritte Dimension ist die ‚soziale Nachhaltigkeit‘.“ Diese umfasse in der Radiologie etwa Ausbildungsmodelle, den Wissenstransfer zwischen den Alters- und Berufsgruppen, die Kommunikation mit Patient:innen und dabei etwa das Thema patientenlesbare Befunde oder mit radiologischen und nicht-radiologischen Kolleg:innen sowie Angehörigen nicht-ärztlicher Gesundheitsberufe. „Wichtig ist, dass es sich bei diesen Dimensionen nicht um Hierarchien handelt“, betont Kerstin Westphalen. „Von einer nachhaltigen Radiologie kann nur dann gesprochen werden, wenn alle drei Dimensionen gleich gewichtet werden und man den engen Zusammenhang zwischen ihnen versteht.“
Um die Radiologie in Deutschland nachhaltig zu gestalten, setzen Kerstin Westphalen und die DRG konkrete Schritte um: So ist kürzlich die interne Kommission Nachhaltigkeit@DRG gegründet worden, der Vorstand der DRG hat einen „10-Punkte-Plan für mehr Nachhaltigkeit@DRG“ verabschiedet. Dieser sieht etwa interne CO2-Ausgleichzahlungen für Dienstreisen mit dem Auto oder dem Flugzeug vor. Darüber hinaus sollen die in der Pandemie-Zeit erprobten internen digitalen Strukturen auch in Zukunft intensiv genutzt werden. Im Gespräch ist zudem ein DRG-Gütesiegel für „Nachhaltige Radiologie“, um diejenigen auszuzeichnen, die nachhaltige Ziele erreichen beziehungsweise Kriterien erfüllen. Außerdem wird der Deutsche Röntgenkongress im kommenden Jahr als Schwerpunktthemen Nachhaltigkeit und Diversity in den Mittelpunkt rücken. Dazu sagt Kongresspräsidentin Kerstin Westphalen. „Die Radiologie war schon immer ein sehr innovatives, zukunftsgerichtetes Fachgebiet, dass sich neuen Aufgaben und Problemen gestellt hat und daher gehen wir auch diese Herausforderung an.“