Das Element Kohlenstoff ist mit seiner fast unüberschaubaren Menge an Verbindungen Grundlage für das Leben auf der Erde. Seine Verteilung bestimmt außerdem das Klima auf dem Planeten. Ist viel Kohlenstoff im Erdinneren oder im Ozean gebunden und nur wenig als gasförmiges Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre, ist es auf der Erde eher kühl. Je mehr in die Atmosphäre gelangt, desto wärmer wird es. In den vergangenen 250 Jahren hat die Menschheit gigantische Mengen CO2 in die Atmosphäre entlassen. Die Folgen sind als Erderwärmung spür- und messbar. Das Klima ändert sich und mit ihm die Lebensbedingungen auf der Erde. Der Ozean bremst diesen Prozess. Seine Wärme- und Kohlendioxidaufnahme ist aber zu langsam, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreichen zu können − selbst bei ambitionierter Klimaschutzpolitik und drastischer Emissionsreduktion. In der ersten, Anfang August gestarteten, Forschungsmission der Deutschen Allianz Meeresforschung (DAM) untersuchen rund 200 Forschende in sechs Verbundprojekten, wie die klimaregulierende Bremswirkung des Ozeans in Zukunft verstärkt werden kann. Koordiniert am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und am Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) untersuchen in den kommenden drei Jahren rund 200 Wissenschaftler:innen „Marine Kohlenstoffspeicher in Dekarbonisierungspfaden“. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert die Forschungsmission mit 27 Millionen Euro über eine erste Phase von drei Jahren.
„Der Ozean enthält mehr als 50-mal so viel Kohlenstoff wie die Atmosphäre. Bislang hat er etwa ein Viertel der anthropogenen CO2-Emissionen aufgenommen und so die Auswirkungen des Klimawandels abgemildert“, erklärt Andreas Oschlies vom GEOMAR, einer der Sprecher der Mission.
„Wir erwarten allerdings, dass der Anteil der ozeanischen CO2-Speicherung abnimmt, da durch Erwärmung, Versauerung, Abnahme des Sauerstoffgehalts und andere vom Menschen verursachte Störungen die physikalischen, chemischen und biologischen Fähigkeiten des Ozeans zur Aufnahme von Kohlendioxid beeinträchtigt werden“, ergänzt Gregor Rehder vom IOW, zweiter Sprecher der Forschungsmission.
Aktuell konzentrieren sich entsprechende Vorschläge vor allem auf landbasierte Methoden. Aufgrund der hohen Nutzungskonkurrenz an Land mit der Nahrungsmittel- und Energieproduktion werden landbasierte Methoden jedoch kaum ausreichen, um die vereinbarten Pariser Klimaziele zu erreichen. Deswegen werden ozeanbasierte Möglichkeiten verstärkt untersucht. Das Wissen darüber, wie der Ozean zur Dekarbonisierung genutzt werden könnte, ist bisher begrenzt. In der jetzt startenden Forschungsmission untersuchen Wissenschaftler:innen von 21 Forschungseinrichtungen, Universitäten und Unternehmen, wie und in welchem Umfang der Ozean eine nachhaltige Rolle bei der Entnahme und Speicherung von CO2 aus der Atmosphäre spielen und so dazu beitragen kann, den Klimawandel innerhalb der vom Pariser Abkommen gesetzten Grenzen zu halten. In sechs Verbünden werden verschiedene Methoden der marinen Kohlendioxid-Entnahme und Speicherung hinsichtlich ihres Potenzials, ihrer Risiken und möglicher Nebenwirkungen untersucht sowie Auswirkungen auf die Meeresumwelt, das Erdsystem und die Gesellschaft ermittelt und in einem transdisziplinären Bewertungsrahmen zusammengeführt.