Die Inzidenz (9,7 Frauen pro 100.000 Frauen, 2012) und die Mortalität (2,4 Fälle pro 100.000 Frauen, 2012) von Gebärmutterhalskrebs sind auch in Deutschland nach wie vor relativ hoch.1 Als wichtigster Risikofaktor des Gebärmutterhalskrebs gilt eine Infektion mit humanen Papillomviren (HPV).2 Während die Mehrheit der HPV-Infektionen spontan ausheilt, persistiert ein Teil der Infektionen mit onkogenen HPV-Typen und führt zur Entstehung präkanzeröser Vorstufen. Experten sind sich einig: Durch die langjährige Latenzzeit bis zum Auftreten des Karzinoms einerseits und die gute Behandelbarkeit der Vorstufen andererseits bietet das Zervixkarzinom beste Voraussetzungen für präventive Maßnahmen. Nun zeigt eine aktuelle Studie, dass Screening-Strategien basierend auf einem primären HPV-Test den Nachweis von Gebärmutterhalskrebs verbessern und dabei Kosten einsparen können.
Mithilfe eines Budget Impact Modells verglichen Prof. Dr. Karl Ulrich Petry und Prof. Dr. Jürgen Wasem die klinische Effektivität und das Einsparungspotenzial eines HPV basierten Zervixkarzinom-Screenings und eines opportunistischen Zytologie basierten Screenings für Deutschland. Prof. Dr. Karl Ulrich Petry ist Chefarzt der Gynäkologie der Frauenklinik im Klinikum Wolfsburg und bekannt als Vorreiter des HPV-Screenings in Deutschland. Prof. Dr. Jürgen Wasem ist ein Experte der Gesundheitsökonomie und hat die Professur für Medizinmanagement an der Universität Duisburg-Essen inne. Im Modell wurden die natürlichen Entwicklungen der Erkrankungszustände mit den jeweils assoziierten Kosten abgebildet. Das jährliche Pap-Zytologie-Screening wurde mit vier verschiedenen HPV-Screening-Szenarien verglichen, die jeweils aus zwei 5‑Jahresintervallen bestehen, sodass der gesamte Betrachtungszeitraum auf 10 Jahren basiert. Die medizinischen und gesundheitsökonomischen Experten konnten zeigen, dass alle betrachteten HPV-Szenarien dem Pap-Screening sowohl bezogen auf die klinische Effektivität als auch bezogen auf die Kosten für das Gesundheitssystem klar überlegen sind.
„Alle HPV-basierten Screening-Szenarien zeigten deutlich weniger Todesfälle aus einer entgangenen Diagnose von Gebärmutterhalskrebs im Vergleich zum Pap-Screening”, betont Prof. Petry. „Wir können anhand des Modells schlussfolgern, dass ein HPV-Screening sicherer ist, als eine alleinige Vorsorge per Pap-Zytologie”, macht der Experte deutlich. Der Vorsorge-Algorithmus mit dem primären HPV-Screening (inkl. Genotypisierung) gefolgt von einer Abklärung per Kolposkopie für Hochrisikotypen positive Frauen (HPV 16/18) und einer Biomarker-gestützten Abklärung (p16/Ki-67) für HPV-positive Frauen anderer HPV-Subtypen zeigte dabei den größten klinischen Nutzen.
Neben dem klinischen Nutzen zeigten Petry et. al mit einer Summe in Höhe von 40 bis 61 Mio. Euro ein erhebliches Einsparpotenzial auf. Die projizierten durchschnittlichen jährlichen Kosten betrugen zwischen 117 Mio. Euro und 136 Mio. Euro für die einzelnen HPV-Screening Szenarien und 177 Mio. Euro für das Pap-Screening. Damit bestätigt das gesundheitsökonomische Modell nicht nur den medizinischen Nutzen eines HPV-Test-basierten Primärscreenings vs. Zytologie allein, sondern darüber hinaus auch das ökonomische Einsparpotenzial für die Träger der Gesetzlichen Krankenversicherung bei Betrachtung eines 5‑Jahres Intervalls.3 „Dies ist ein Beispiel für eine der wenigen Indikationen, in denen ein klinischer Mehrnutzen mit Möglichkeiten zur Kosteneinsparung zusammenfällt”, fasst Prof. Wasem zusammen.