Dosierungen müssen auf jeden Einzelpatienten angepasst werden, damit Arzneimittel ihre maximale Wirkung entfalten und möglichst wenig Nebenwirkungen auftreten, muss. Je nach Verabreichungsform – z.B. als Tablette oder Zäpfchen – ist eine solche Anpassung vor allem für Kinder oft nur mit großem Aufwand möglich. Als eine innovative Lösung dieser Herausforderungen erproben Klinische Pharmakologen und Apothekerinnen des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) gemeinsam mit dem Start-Up DiHeSys, Digital Health Systems GmbH den digitalen Druck von Arzneimitteln auf Gelplättchen (oralen Dünnfilmen), die sich im Mund innerhalb von Sekunden auflösen. Aktuell prüfen die Forschenden in zwei klinischen Prüfungen mit insgesamt 24 Probanden die Machbarkeit und Tauglichkeit der neuen Technik. Die großen Vorteile des Arzneimitteldrucks sind die Möglichkeit, die Dosierung stufenlos über einen weiten Bereich anpassen zu können, sowie die automatisierte Herstellung, die insbesondere die Herunterdosierung von Medikamenten vereinfacht.
Die neue Technik des Digitaldrucks von Medikamenten könnte ein generelles Problem lösen, das jede bedarfsgerecht angepasste Medikamententherapie mit sich bringt: Der Dosierungsbedarf für eine optimale Wirksamkeit kann um den Faktor 100 variieren, je nachdem, ob es sich um ein Neugeborenes oder einen Erwachsenen handelt, wie schnell das Medikament wieder ausgeschieden wird oder ob die Kombination mit anderen Medikamenten die Wirkung herabsetzt oder verstärkt. Es fehlt aber bisher an Darreichungsformen, die sehr genau dosiert und verabreicht werden können.
„Während höhere Dosierungen durch Mehrfachgaben leicht erzielt werden können, sind die Herausforderungen bei der Gabe kleinster Mengen besonders groß, da handelsübliche Darreichungsformen geteilt oder gemörsert, Tropfen gezählt oder kleine Flüssigkeitsvolumina genau abgemessen werden müssen.”
— Prof. Dr. Walter E. Haefeli, Ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie am UKHD
„Gerade bei der besonders sensiblen Gruppe der Kinder sind Dosisreduktionen oft notwendig, gleichzeitig ist aber die Kooperation eingeschränkt, so dass neben der korrekten Dosierung auch die sichere Verabreichung neue Wege erfordert.” führt Dr. Torsten Hoppe-Tichy, Chefapotheker des UKHD aus, dessen Team zukünftig verantwortlich für den Druck dieser Formulierungen am UKHD ist.
Wie funktioniert der Arzneimitteldruck?
Der zweidimensionale (2D) Druck von Arzneimitteln funktioniert ähnlich einem Tintenstrahldrucker: Die „Tinte” enthält das aufgelöste Arzneimittel. Sie wird vom Pharma-Drucker auf ein briefmarkendünnes Plättchen aufgetragen, das wasserlöslich ist und sich im Mund von alleine auflöst (orodispersibler Film). In den aktuellen Studien geht es darum, die grundsätzliche Eignung einer solchen Verabreichungsform zu untersuchen: Wie gut wird das gedruckte Medikament über die Mundschleimhaut aufgenommen? Wieviel davon kommt im Blut an? Welches ist die kleinste verabreichbare Dosis? Für die Tests im Rahmen der Studien verwenden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das Schlafmittel Midazolam in geringsten Mengen, aber in einem 100-fachen Dosierungsbereich (30 µg bis 3 mg).
Die Firma stellt dem Universitätsklinikum die hierfür notwendige Technik in Form des von ihr entwickelten 2D-Arzneimitteldruckers „DiHeSys Flexdose Printer” und Knowhow zur Verfügung. „Diese Vision ist ein komplettes System für den individuellen, personalisierten 2D- und 3D-Druck von Medikamenten zu liefern,” sagt Geschäftsführer Prof. Dr. Christian Franken. „Das umfasst nicht nur die Drucker selbst, sondern das gesamte System aus wirkstoffhaltigen Tinten sowie die Software. Zudem bietet der 2D-Druck zukünftig auch die Möglichkeit, mehrere Wirkstoffe in eine Arzneiform zu verdrucken um die Patientensicherheit zu erhöhen.”