Auch wenn die DIN 61511 offenlässt, wie Risikoanalysen für Schutzeinrichtungen in der Prozessindustrie durchzuführen sind, besteht hier kein zusätzlicher Regelungsbedarf. Zu diesem Schluss kommt das Ergebnispapier „Methodenvergleich zur SIL-Klassifizierung“ des Process-Net-Arbeitsausschusses Risikomanagement. Anhang eines firmenübergreifenden Ringvergleichs zeigte sich, dass unterschiedliche Methoden innerhalb der Schwankungsbreite zum gleichen Ergebnis führten.
Damit besteht laut Process Net keine Notwendigkeit, eine einheitliche Risikobewertungsmethode zu definieren, aus der sich Anforderungen an Einrichtungen der funktionalen Sicherheit ableiten lassen. Hintergrund der Untersuchung, an der sich insgesamt 13 Firmen beteiligten, ist die DIN 61511. Sie legt fest, dass für Schutzeinrichtungen in der Prozessindustrie Risikoanalysen durchzuführen sind; dazu gehört auch die Ermittlung des SIL (Safety Integrity Level, ein Maß für die Risikoreduzierung) von Schutzeinrichtungen in der Prozessleittechnik (PLT). Doch wie eine solche Analyse durchzuführen ist, ist nicht geregelt.
Als Methoden haben sich im Wesentlichen der Risikograph, die Klassifizierung anhand Risikomatrizen und die LOPA („Layer of Protection Analysis“) etabliert. Die jeweils verwendeten Risikoparameter und ‑kriterien werden weitgehend durch den Anwender firmenspezifisch festgelegt. Inwieweit sich daraus eine Regelungslücke ergibt, wollte der Process-Net-Arbeitsausschuss Risikomanagement ermitteln und hat dafür die Ergebnisse von unterschiedlichen unternehmensspezifischen Bewertungsmethoden verglichen. Dazu wurde ein Modellfall entwickelt, den die Teilnehmer jeweils bewerten sollten. Es zeigte sich, dass – obwohl keine einschränkenden Vorgaben gemacht wurden – alle Lösungen sehr eng beisammen lagen. Die Abweichungen betrugen maximal eine Sicherheitsanforderungsstufe (SIL); das entspricht der Abweichung, die auch bei Anwendung einer fest vorgegebenen Methode in verschiedenen Teams typischerweise auftritt. Keiner der Ansätze führte zu einer systematisch höheren oder niedrigeren Sicherheitsstufe.
Damit besteht in der DIN 61511 keine Regelungslücke; bei sorgfältiger Anwendung liefern die Risikoanalysen unabhängig vom gewählten Verfahren vergleichbare Ergebnisse.
Der Process-Net-Arbeitsausschuss Risikomanagement beschäftigt sich mit dem Risikobegriff, der Risikoermittlung und ‑bewertung in der Prozessindustrie und vereint Experten aus unterschiedlichen Industriebranchen (chemische Industrie, Anlagenbauer, Beratungsfirmen) und Hochschulen sowie Forschungseinrichtungen.
Process Net ist eine deutsche Plattform für Verfahrenstechnik Chemieingenieurwesen und Technische Chemie. Hier treffen sich über 5.000 Mitglieder aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung, um Erfahrungen auszutauschen, aktuelle Fragestellungen zu diskutieren und neue wissenschaftliche Trends zu identifizieren. Process Net ist eine gemeinsame Initiative von Dechema und VDI-GVC.