Smartphones werden in der Landwirtschaft immer mehr als Managementhilfe eingesetzt. So auch bei der Pflanzendüngung. Das Institut für Gartenbau der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (Freising, Bayern) will jetzt für den Feldgemüseanbau einen Smartphone-Aufsatz entwickeln, der vor Ort mittels photometrischen Schnelltests den aktuell im Boden vorhandenen Stickstoff-Gehalt – chemisches Zeichen N – bestimmen kann. Mit einer neuen Software-Anwendung (App) soll das „N‑Phone“ direkt die zu düngende Stickstoff-Menge berechnen können. „Mit dieser Technologie ließe sich die oft überhöhte Stickstoffdüngung im Feldgemüseanbau verringern“, sagt Alexander Bonde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Und das sei nicht nur praktisch für den Landwirt, sondern auch gut für die Umwelt: Weniger überschüssiger Stickstoff gelange über die Böden in das Grundwasser. Die umweltschädlichen Auswirkungen auf Böden, Grundwasser und Klima verringerten sich. Fachlich und finanziell fördert die DBU das Projekt mit rund 320.000 Euro.
Feldgemüseanbau neben Tierhaltung Brennpunkt für Stickstoffeintrag
„Der intensive Feldgemüseanbau ist neben der Tierhaltung ein Brennpunkt für den Stickstoffeintrag in das Grundwasser“, sagt Dr. Holger Wurl, DBU-Fachreferent für umweltgerechte Landnutzung. Viele Gemüsekulturen wie zum Beispiel Spinat, Salat oder die meisten Kohlarten hätten einen hohen Stickstoffbedarf bei zum Teil kurzer Kulturzeit und Ernte während ihrer Hauptwachstumsphase. Um hohe Erträge und eine gute Qualität zu erzielen, müsse viel Stickstoff in sehr kurzer Zeit zur Verfügung stehen und eine ausreichende Stickstoffversorgung bis zum Erntezeitpunkt gewährleistet sein. Wurl: „Da geht man in der Praxis lieber auf Nummer sicher.“ Deshalb werde mehr Düngemittel als letztlich nötig empfohlen, sodass die Reste an mineralischem Stickstoff nach der Ernte im Boden bleiben und mit dem nächsten Regen womöglich ausgewaschen werden.
Photometrisches Verfahren mittels Smartphone-Adapter
„Wenn die Stickstoffdüngung im Gemüseanbau ohne Qualitäts- und Ertragsverluste verringert werden soll, muss der im Boden aktuell vorhandene mineralische Stickstoff vor dem Düngen genau gemessen und berücksichtigt werden“, erklärt Projektleiterin Prof. Dr. Elke Meinken vom Institut für Gartenbau. Während Laboranalysen auf Mineralstickstoff einen erheblichen finanziellen und logistischen Aufwand bedeuteten, seien bisherige Vor-Ort-Verfahren nicht ausreichend genau beziehungsweise sie würden zu hohe Anforderungen an den Gärtner stellen. Hier setze das Vorhaben an: Es werde ein spektralphotometrisches Schnellverfahren entwickelt, mit dem direkt vor Ort bestimmt werden könne, wie viel Stickstoff im Boden sei. Die Photometrie ist ein Verfahren, mit dem die Konzentration gelöster Stoffe durch Messen ihrer Aufnahmefähigkeit von Licht bestimmt werden kann. Eine dafür erforderliche Messküvette – ein Gefäß mit planparallelen Seitenflächen, das für optische Untersuchungen verwendet wird, – soll mittels flexiblen Adapters auf verschiedene Smartphone-Modelle aufgesetzt werden können.
N‑Phone misst, verrechnet und interpretiert Analyse
Außerdem ist seitens des Gartenbauinstituts geplant, eine App zu programmieren, die das aufgenommene Bild auswertet, den Stickstoffgehalt in der Probe ermittelt sowie die Analysenergebnisse mit Daten, die sich auf das jeweilige Gemüse beziehen, und einigen weiteren Angaben des Anwenders verrechnet. Anschließend erhält der Landwirt direkt vor Ort eine passgenaue Düngeempfehlung. „Auf diese Weise fungiert das Smartphone als zentrales Bedien‑, Mess- und Interpretationswerkzeug“, so Meinken.
Hohe Akzeptanz für praxisnahe Anwendung
Da Smartphones in der Landwirtschaft bereits vielfach eingesetzt werden, erwarten die Projektbeteiligten – Kooperationspartner ist das Unternehmen STEP Systems GmbH (Nürnberg) – eine hohe Akzeptanz für die praxisnahe Anwendung. Wenn durch Düngen von Feldgemüse zu viel pflanzenverfügbarer Stickstoff über die Böden in das Grundwasser gelangt, kann es dort zu Nitratwerten kommen, die über dem von der Europäischen Union festgelegten Grenzwert von 50 Milligramm liegen. In Deutschland stammt das Trinkwasser zu 61 Prozent aus Grundwasser. Da zu hohe Nitratwerte im Trinkwasser gesundheitsschädlich sein können, muss belastetes Grundwasser aufbereitet werden, um es trinkbar zu machen. Das ist aufwendig und mit hohen Kosten verbunden. Ziel ist deshalb, dass die Nitratbelastung im Grundwasser von vorne herein unter dem Grenzwert bleibt, so dass es nicht mehr aufbereitet werden muss. Zu viel Stickstoffdüngung kann auch die Luft verunreinigen sowie die Menge an Treibhausgasen in der Atmosphäre erhöhen und damit zum Klimawandel beitragen. „Ist die Entwicklung des N‑Phones erfolgreich und wird es dann großflächig im Gemüseanbau eingesetzt, optimiert das die Stickstoffdüngung und führt zu einer besseren Grundwasserqualität“, so Bonde.