Schwingungen während der Fräsbearbeitung mindern die Prozessleistungsfähigkeit und führen zu raueren Oberflächen sowie zu hohem Werkzeugverschleiß und Werkstückausschuss. Um Schwingungen zu minimieren wird in Unternehmen oft eine Trial-and-Error-Herangehensweise für die Prozessauslegung praktiziert. Das kostet Zeit und Geld. Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT aus Aachen entwickelte im zweijährigen Forschungsprojekt Fix Tronic gemeinsam mit Partnern ein Spannsystem und eine Simulationssoftware, um Schwingungen während der Fräsbearbeitung systematisch zu minimieren und die Fräsprozesse stabiler und kostengünstiger zu gestalten.
Ziel des Projekts Fix Tronic war es, ein System zu entwickeln, das selbstständig auf dynamische Veränderungen im Fräsprozess reagiert und Schwingungen sowie Instabilitäten aktiv verringert. Dazu entwickelten sie einerseits ein aktives Spannsystem für das Werkstück und andererseits eine Simulationssoftware, die die Spindeldrehzahl so optimiert, dass Eigenschwingungen des Werkstücks nicht angeregt werden.
Vernetzte Spannsysteme mit aktiver Schwingungsdämpfung
Zur aktiven Stabilisierung des Fräsprozesses integrierten die Aachener Forscher Sensoren in ein Spannsystem, mit denen sich der Zustand des Werkstücks während der Fräsbearbeitung überwachen lassen. Piezoaktoren erzeugen dann bei Bedarf eine gezielte Gegenschwingung auf das Werkstück, um die Schwingung des Fräswerkzeugs zu minimieren. Versuche zeigten, dass sich mit dieser Methode die Schwingungen im Werkstück selbstständig um mehr als 70 Prozent reduzieren lassen.
Das Spannsystem lässt sich zudem mit der Werkzeugmaschine vernetzen, sodass eine effektive Echtzeit-Überwachung des Werkstücks möglich ist, die den Fräsprozess insgesamt stabilisiert. Das aktive Spannsystem wird damit selbst zu einem so genannten cyberphysischen Produktionssystem (CPPS) im Sinne der Industrie 4.0.
Optimierung der Spindeldrehzahl
Um die Schwingungen des Werkstücks noch weiter zu reduzieren, nutzen die Ingenieure des Fraunhofer IPT außerdem eine selbst entwickelte Simulationssoftware. Damit lässt sich der Fräsprozess bereits vor der eigentlichen Bearbeitung simulieren und kritische Spindeldrehzahlen vermeiden, die zu einer Anregung der Eigenfrequenzen des Werkstücks führen, bei denen es besonders stark schwingt. Für die Software entwickelten die Aachener Forscher ein sogenanntes Multi-Frequenz-Stabilitätsdiagramm, das die Veränderungen der Werkstückgeometrie während der Bearbeitung berücksichtigt. In Versuchen konnte bereits nachgewiesen werden, dass sich die Schwingungen durch den Einsatz der Software nochmals deutlich verringern lassen: Die Oberflächenrauheit der getesteten Bauteile konnte um mehr als 50 Prozent gesenkt werden.