Die Linse ist ein wahres „Superfood“. Auf deutschen Feldern wächst die alte Kulturpflanze jedoch nur selten: Zu komplizierte Ernte, zu wenig Ertrag. Die LinSel-Forschungsgruppe, koordiniert vom Zentrum Ökologischer Landbau der Universität Hohenheim in Stuttgart, möchte das ändern: Sie stellt auf der Konferenz sogenannte Genotypen vor, die sich als Vorläufer für Sorten für den heimischen Anbau eignen. Ein weiterer Schwerpunkt sind die Möglichkeiten, diese in Deutschland zu vermehren und zu kultivieren.
Die Wiederentdeckung der schwäbischen „Albleisa“ vor etwa 20 Jahren war Anlass für neue Forschung rund um die Linse. Forschende interessieren sich dafür, wie man die alte Kulturpflanze zurück auf heimische Felder bringen kann, um Lieferwege zu verkürzen. Dafür gehen sie der Frage nach, welche Genotypen sich für mitteleuropäische Verhältnisse eignen.
Gemeinsam mit beiden Fachgebieten Allgemeiner Pflanzenbau und Qualität pflanzlicher Erzeugnisse des Instituts für Kulturpflanzenwissenschaften der Universität Hohenheim, dem Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) Gatersleben, dem Keyserlingk-Institut, und der Universität Kassel identifizierte das Zentrum Ökologischer Landbau der Universität Hohenheim Genotypen, die sich für den Anbau in Deutschland eignen.
Vom Labor aufs Versuchsfeld und auf den Acker
Über drei Jahre selektierte das Forschungsprojekt geeignete Linsengenotypen für den heimischen Anbau. Zunächst untersuchte das IPK 110 Herkünfte, die in der Genbank eingelagert waren. Die Forschenden analysierten, welche Linsen konkurrenzfähig sind und Potenzial für eine ertragreiche Ernte haben.
Die ausgewählten Herkünfte kamen anschließend an die Universität Hohenheim. Der Anbau auf Versuchsfeldern sollte zeigen, wie sich die Linsen auf dem Feld entwickeln und ob die alten Sorten robust genug sind, um den aktuellen Klimabedingungen standzuhalten.
Das Keyserlingk-Institut prüfte „on farm“ auf einem größeren Ackerschlag, wie konkurrenzstark die Linsen-Genotypen sind, welche Krankheiten auftreten können und wie viel Ertrag die Pflanzen bringen. Auch technische Parameter, die wichtig für den Anbau sind, spielten hier eine Rolle: Wie gut lassen sich unterschiedliche Genotypen ernten und wie viel Ernte bleibt am Ende übrig? Forschende des Fachbereichs Ökologische Agrarwissenschaften der Universität Kassel untersuchten, wie sich die Sortentypen über mehrere Jahre an verschiedene Standorte anpassen und welche Faktoren Umweltbedingungen, Boden und Klima dabei spielen.
Die Ernte wanderte wieder nach Hohenheim: Hier analysierten Forschende im Labor unter anderem den Eiweißgehalt und die Tausendkornmasse – eine wichtige Kenngröße im Saatguthandel.
Alte Sortentypen bieten überraschendes Potenzial
„Wir haben einige, teilweise alte Genbankakzessionen gefunden, die im Versuchsanbau besser abschnitten als regional angebaute Vergleichssorten. Diese Sorten bieten gute Voraussetzungen für einen erfolgreichen Anbau in Deutschland.“
— Alex Kröper
Die Herausforderung sei nun, die ausgewählten Linsen auf landwirtschaftliche Flächen zu bringen. „Unter Landwirten gelten Linsen bisher noch als wenig attraktiv und schwierig zu ernten. Weil die Pflanze lange nicht in Deutschland kultiviert wurde, ist sie nicht an unsere modernen Agrarsysteme angepasst. Eine professionelle Vermehrung steht noch ganz am Anfang“, meint Dr. Sabine Zikeli, Koordinatorin des Projekts am Zentrum Ökologischer Landbau. „Deswegen suchen wir auf unserer Konferenz auch den aktiven Austausch mit Landwirten über die Vermehrung und Vermarktung von heimischen Linsen.“
LinSel-Konferenz gibt Impulse für landwirtschaftliche Nutzung
Auf der Konferenz erläutern die Projektpartner die Ergebnisse der einzelnen Forschungsschritte und stellen die ausgewählten Linsen vor. Weitere Impulse geben Forschende aus der Schweiz und Kanada, die ebenfalls Feldversuche mit verschiedenen Linsenkulturen durchgeführt haben. In verschiedenen Workshops geht es zudem darum, die Forschungsergebnisse in die Praxis auf heimische Felder zu überführen. Dafür teilen Linsen-Fachleute ihr Wissen über die gesamte Wertschöpfungskette der Pflanze – von der Züchtung und Vermehrung von Sortentypen über den Nutzen von Erzeugergemeinschaften bis zur Vermarktung.