Die EU-Kontaminanten-Verordnung 2023/915 ist seit 25. Mai genau ein Jahr in Kraft. Sie regelt Höchstgehalte bestimmter in Lebensmitteln enthaltener Stoffe. Das Vorgängergesetz war überholt. Damit ist sie ein gutes Beispiel, wie die Europäische Union Lebensmittel für seine Bürger:innen sicherer macht, ohne in die regionalen Besonderheiten der einzelnen Mitgliedsstaaten einzugreifen. TÜV SÜD erklärt die Grundzüge der Richtlinie.
Lebensmittel werden heute oft in internationalen Wertschöpfungsketten produziert und vermarktet. Europa profitiert von gemeinschaftlichen Qualitätsregelungen. „Europäerinnen und Europäer können dank Regelungen, wie der EU-Kontaminanten-Verordnung, sicher sein, dass in jedem EU-Mitgliedsland die gleichen Anforderungen für Lebensmittelsicherheit gelten“, sagt Dr. Andreas Daxenberger, Lebensmittelexperte bei TÜV SÜD.
Ihre Besonderheiten in der Art und Zusammensetzung der Lebensmittel wollen die EU-Mitgliedsstaaten aber nicht gemeinsam gesetzlich regeln, etwa die kulinarischen Reichtümer der europäischen Länder oder die Zusammensetzung innovativer Lebensmittel. „Das genormte ‘Europa-Lebensmittel’ gibt es nicht – gemeinsame Vorgaben zum Verbraucherschutz dagegen schon“, so Dr. Daxenberger weiter.
Kontaminanten sind unerwünschte Stoffe, die als Folge der Gewinnung, Verarbeitung, Verpackung, Beförderung oder Lagerung unbeabsichtigt in einem Lebensmittel vorhanden sind. Das können Verunreinigungen aus der Umwelt, wie Dioxine oder Quecksilber, sein. Aber auch Stoffe, die im landwirtschaftlichen Anbau und bei der Lagerung entstehen können, wie Schimmelpilzgifte, oder auch Stoffe, die in Pflanzen selbst vorkommen, wie Blausäure oder Pyrrolizidinalkaloide, gelten als Kontaminanten. Auch im Herstellungsprozess können Kontaminanten, wie beispielsweise polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, entstehen. Da Kontaminanten länderübergreifend ein Gesundheitsrisiko darstellen, wurden sie gemeinschaftlich geregelt.
Die EU-Kontaminanten-Verordnung betrifft alle Herstellungsbereiche, die ein Lebensmittel vom Rohstoff bis zum Endprodukt durchläuft, so etwa Landwirtschaft und Tierhaltung, Futtermittelherstellung, Verarbeitung und Handel. Das neue Gesetz berücksichtigt wissenschaftlich aktuelle Bewertungskriterien für erlaubte Höchstgehalte von Kontaminanten, genauere analytische Bestimmungsgrenzen, Veränderungen in der Konzentration der Stoffe durch Trocknungs- oder Verdünnungsverfahren sowie die Anteile der Zutaten im fertigen Erzeugnis. Die Vorschriften verpflichten Lebensmittelunternehmer zur maximal möglichen Reduktion von Kontaminanten.
Das EU-Recht legt fest, dass gesundheitlich nicht sichere Lebensmittel nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen. Ursache dafür können krankmachende Keime, Fremdkörper oder toxikologisch bedenkliche Kontaminanten sein. Da viele davon in der Natur selbst vorkommen, ist ein vollständiges Verbot nicht sinnvoll. Für die Lebensmittelsicherheit ist es erforderlich, dass diese Stoffe unterhalb festgelegter, toxikologisch tolerabler Höchstmengen liegen.
Die Behörden der Mitgliedstaaten kontrollieren an Hand von risikobasierten Stichprobenplänen, ob die gesetzlich erlaubten Höchstwerte der Kontaminanten eingehalten werden. Bei importierten Lebensmitteln aus Drittländern ist der in der EU ansässige Importeur für die Einhaltung des Gesetzes verantwortlich. Die gemeinschaftliche Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA sammelt Daten über das Vorkommen von Kontaminanten in Lebens- und Futtermitteln aus den Mitgliedstaaten und Drittländern, damit in Problemfällen geeignete Maßnahmen ergriffen werden können. Die Verordnung (EU) 2023/915 löst die vorherige Kontaminanten-Verordnung aus dem Jahr 2006 ab und berücksichtigt die seitdem gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse.
Überschreitet ein Lebensmittel die Höchstwerte, darf es in der EU nicht verkauft werden. Unternehmen können dadurch hohe finanzielle Verluste erleiden. „Die neue Fassung der EU-Kontaminanten-Verordnung verdeutlicht einmal mehr, weshalb etwaige Kontaminanten entlang der gesamten Lieferkette des Lebensmittels ermittelt und mit Daten hinterlegt werden sollten“, meint Dr. Daxenberger. „Mit einer TÜV SÜD-Zertifizierung nach IFS Food oder IFS Progress Food zeigen Unternehmen, dass sie solch eine Dokumentation im Rahmen ihres Lebensmittelsicherheitssystems etabliert haben und kontinuierlich an ihrer Produktionssicherheit arbeiten.“