Ein breites Produktspektrum sowie die technische Auftragsabwicklung durch eine globale Wertschöpfungskette zählen seit einigen Jahren zu wichtigen internationalen Wettbewerbsfaktoren für Unternehmen. Beim Management der Produktvarianten liegt dabei der Fokus zumeist auf der technischen Machbarkeit. Dagegen gibt es bei der Orientierung an einer geeigneten Markt- und Vertriebsstrategie noch Nachholbedarf. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle GEXSO-Studie (Global Excellence in Supply Chain Operations) der Management- und Technologieberatung BearingPoint in Kooperation mit der Technischen Universität Darmstadt und dem Fachmagazin Logistik Heute, für die Topmanager im deutschsprachigen Raum aus den Branchen Maschinen- und Anlagenbau befragt wurden.
Produktkonfiguration erhöht Wettbewerbsfähigkeit
Die steigende Produkt- und Variantenvielfalt und die Verkürzung der Produktlebenszyklen führen zu Veränderungen in allen Unternehmensbereichen. Die GEXSO-Studie zeigt, dass die Konfiguration von Produkten als integraler Bestandteil von Supply Chain-Prozessen zunehmend an Bedeutung gewinnt: So gaben 79 Prozent der Befragten an, dass die Nutzung von Produktkonfiguration einen wesentlichen Erfolgsfaktor darstellt. Bei den Unternehmen mit besonders hohem Reifegrad in den Konfigurationsprozessen ist die Zustimmung noch höher: Für fast 90 Prozent ist Produktkonfiguration entscheidend für den Unternehmenserfolg. Nur zwei Prozent der Befragten sehen dies nicht als einen Erfolgsfaktor für ihre Wettbewerbsfähigkeit.
Nachholbedarf bei Orientierung an Vertriebswegen und Digitalisierungsstrategien
Gleichzeitig zeigt die Analyse, dass sich die befragten Unternehmen bei den Modellvarianten eher an technischen Möglichkeiten und nicht so sehr an vertrieblichen Aspekten orientieren. Das Engineering hat bei fast zwei Drittel der Unternehmen immer noch den größten Einfluss auf Konzeption und Umsetzung der Konfigurationsmodelle. Der Vertrieb ist im Schnitt weit weniger verantwortlich. Die Bereiche IT, Einkauf, Produktion und Supply Chain sind, wenn überhaupt, nur geringfügig beteiligt. „Die meisten Industrieunternehmen nutzen Produktkonfigurationen vor allem opportunistisch und richten diese bisher nicht an den strategischen Zielen im Markt aus“, so Donald Wachs, globaler Leiter Manufacturing bei BearingPoint und Experte für Industry 4.0 / IoT.
Weiteres Potenzial im Zusammenhang mit Produktvarianten wurde auch bei den Digitalisierungsstrategien identifiziert: Die Daten von verkauften Produktoptionen werden zwar in vielen Fällen analysiert, jedoch nutzen knapp drei Viertel der Befragten die Ergebnisse bisher nicht. „Möglichkeiten, wie zum Beispiel weniger nachgefragte Optionen anders zu bepreisen oder auch je nach Kundenbedürfnis und Verkaufsstrategie systemgestützt passende Pakete anzubieten, bleiben noch weitgehend ungenutzt“, kommentiert Donald Wachs. Die durch die GEXSO-Studie als „Vertriebsprofis“ identifizierten Unternehmen nutzen die gegebenen Potenziale besser aus: Hier analysiert bereits eine Mehrheit der Befragten die Konfigurationen und nutzt die daraus gewonnen Erkenntnisse zur Standardisierung des Produktportfolios.
Das Konfigurationsmanagement wird in Zukunft weiter ausgebaut und professionalisiert werden. Revolutionäre Veränderungen durch den Einsatz neuer technologischer Möglichkeiten sind allerdings eher unwahrscheinlich. Das Ausschöpfen digitaler Potenziale wie beispielsweise die Möglichkeit, einen „Digital Twin“ einzusetzen, um Daten der individuellen Konfiguration bis in den Kundenservice (Equipment Information) zur Verfügung zu stellen, zählt auch zukünftig zu den wichtigsten Herausforderungen, um das volle Leistungsvermögen von Produktvarianten in der Lieferkette auszunutzen.