1.500 Arbeiter arbeiten an der Fertigung eines 911 während der zweitägigen Montage, die mit der Karosserie beginnt und mit dem von der Fertigungslinie rollenden Wagen endet. Nun zeigt ein Zeitraffervideo erstmals den gesamten Prozess. In der Hauptrolle: ein ganz besonderer 911 GT3, der Teil des Farbe-nach-Wahl-Programms ist.
Dutzende von zur Auswahl stehenden individuellen Optionen erzeugen eine so große Zahl von möglichen Kombinationen, dass man kaum jemals zwei identische 911 zu Gesicht bekommt. Die Farbauswahl spielt bei der personalisierten Ausführung eine große Rolle. Um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden und den Kunden einen einfacheren Zugang zu ermöglichen, wurde das beliebte „Farbe nach Wahl“-Programm von der Porsche Exclusive Manufaktur Ende 2021 modernisiert, um die entsprechenden Kapazitäten zu erweitern. Die beträchtliche langfristige Investition von Porsche unterstreicht das Bestreben der Marke, jedem Kunden seinen Traumwagen zu bauen. Einschließlich der Serienangebote für jede Modellreihe sind nun mehr als 160 freigegebene Lackoptionen im aktuellen Katalog verfügbar.
Im Werk Zuffenhausen, in dem die Modellreihen 911, 718 und Taycan montiert werden, wurde die Kapazität durch eine zusätzliche Farbmischbank erhöht, um mehr „Farbe nach Wahl“-Varianten erzeugen zu können, ohne die Produktion zu verzögern. „Als Reaktion auf die Nachfrage haben wir jetzt einen großen Schritt von fünf auf 20 Fahrzeuge pro Tag gemacht – das bedeutet 120 Fahrzeuge pro Kalenderwoche im ‚Farbe nach Wahl‘-Programm“, erklärt Boris Apenbrink, Leiter Porsche Exclusive Manufaktur Fahrzeuge.
Im Detail: Kreation eines „Farbe nach Wahl“-Porsche
Vor der 117 Schritte umfassenden Montage hat das Fahrgestell des 911 mehr als einen Tag bei der Vorbereitung im Karosseriebau und in der Lackiererei verbracht. Eine der Herausforderungen beim Lackieren von Fahrzeugen und bei der Entwicklung von Lackierungen ist die Arbeit mit dem Materialmix der zugrunde liegenden Komponenten. Eine Fahrzeugkarosserie besteht bereits aus mehreren verschiedenen Stahl- und Aluminiummaterialien und kann auch Teile aus Carbonfaser oder Polypropylen enthalten. Die Lackchargen müssen allen Exterieurmerkmalen gleich entsprechen und im Ergebnis immer denselben Farbton aufweisen.
Vor dem Eingang in die Lackiererei wird die Karosserie entfettet, mit einer Phosphatschicht versehen und durchläuft ein elektrochemisches Verfahren, das hauptsächlich dem Korrosionsschutz dient. Zur Beschichtung wird die Karosserie in ein mit elektrophoretischer Tauchfarbe und deionisiertem Wasser gefülltes Becken getaucht. Um eine optimale Abdeckung der Karosserie zu erreichen, wird diese im Becken um ihre eigene Achse gedreht.
Danach werden Grundierung, Basislack und Klarlack auf Karosserie und Bleche aufgetragen, mit einer Serienfarbe und insgesamt circa vier Liter Flüssigkeitsauftrag in den drei Schritten. Die Grundierung wird gemäß der Endfarbe ausgewählt; helle Farben erfordern eine helle, dunkle Farben eine dunkle Grundierung. Der Basislack ist die Farbschicht, die den gewünschten Farbton liefert, und nur bis zu 30 Mikrometer dick. Zum Vergleich: Standarddruckerpapier hat eine Dicke von etwa 100 Mikrometern.
Die letzte Schicht des Fahrzeugs, der Klarlack, ist am dicksten. Es werden 30 bis 50 Mikrometer aufgesprüht, was zeigt, wie dünn die einzelnen Lackierungen sind. Das lackierte Fahrzeug wird dann bei einer maximalen Temperatur von 200 ˚C länger als zweieinhalb Stunden getrocknet. „Viele Kunden möchten mit dem Wagen ihre Persönlichkeit unterstreichen und ihren Geschmack in das Fahrzeugkonzept einbringen“, meint Apenbrink. „Nichts unterstreicht die Persönlichkeit so deutlich wie die Wagenfarbe, denn diese drückt alles aus.“
Standard‑, Metallic- und Sonderfarben werden für jede Modellreihe und teilweise auch für jede Modellvariante und jedes Modelljahr im Voraus festgelegt. Die Anzahl der angebotenen Farben wird durch die Anzahl der Lagertanks und Lackversorgungslinien in den Lackierereien der Produktionswerke bestimmt. Aus diesem Grund können für den 911 aus rein technischer Sicht nicht mehr als 17 Exterieur-Serienfarben angeboten werden.
Mit „Farbe nach Wahl“ sind werksseitig mehr als 100 zusätzliche, über das Serienangebot hinausgehende und bereits freigegebene Farben für einen neuen 911 oder 718 erhältlich. Für den Taycan, Cayenne, Panamera und Macan sind mehr als 50 zusätzliche Optionen verfügbar. Wenn ein Kunde einen Schritt weiter gehen möchte, sind mit dem „Farbe nach Wahl Plus“-Programm neue Farbtöne möglich. Bei diesem Prozess lässt sich fast jeder gewünschte Farbton herstellen, solange er eine strenge Machbarkeitsprüfung besteht.
Die Option „Farbe nach Wahl Plus“ ist zurzeit nur für in Zuffenhausen gefertigte Fahrzeuge erhältlich, also 911, 718 und Taycan. Die Farbentwicklung allein dauert mindestens fünf Monate. „Farbe nach Wahl Plus“ bietet dem Kunden die Möglichkeit, das Porsche Farbsortiment permanent um eine weitere Farbe zu erweitern. Alle Kunden, die zum ersten Mal eine Farbe anfordern und den zusätzlichen Preis für die Farbentwicklung zahlen, können sich als Schöpfer dieser Farbe betrachten. Der Kunde und die Farbe werden in der Porsche Farbdatenbank erfasst und die Farbe wird so schnell wie möglich den freigegebenen Optionen im „Farbe nach Wahl“-Programm hinzugefügt, sodass auch andere die neu kreierte Farbe bestellen können. „Sie schaffen ein maßgeschneidertes Fahrzeug, das auf individuellen Handwerksprozessen basiert“, so Apenbrink. „Sie können Ihre ganz individuelle Farbe haben.“
Der Endkunde
Leh Keen hat so ziemlich alles vollbracht, was in einem Porsche möglich ist. Der Profirennfahrer nimmt mit dem Motorsport-Team 311RS an der One-Make-Serie Porsche Carrera Cup North America teil, stellte in einem Taycan Turbo S einen Indoor-Geschwindigkeitsrekord auf und hat im Rahmen des „Keen Projekts“ Dutzende 911 Off-Road-Sportwagen für adrenalinsüchtige Kollegen gebaut.
Bis letztes Jahr hatte er sich jedoch noch nie einen neuen Porsche vom Werk bestellt. Keen wusste, dass er bei seinem 911 GT3 Baujahr 2022 die Optionen von „Farbe nach Wahl“ gründlich auskosten würde.
„Das ist eine meiner Leidenschaften, ich bin von den verschiedenen Farben hingerissen. Alle diese tollen Farben, die Porsche im Laufe der Jahre gemacht hat. Wir dringen wirklich tief in die Geschichte von Porsche ein. Ich wollte diesen neuesten, modernen 911 haben, aber dann in einer sehr klassischen alten Farbe lackiert. Ich erzählte ein paar Leuten, dass ich mich für Gold entschieden habe. Sie fanden das gewagt, was mich in meiner Entscheidung noch bestärkt hat, und ich war gespannt auf das Endergebnis. Ich glaube, viele Leute konnten sich das Gold nicht so recht vorstellen. Als sie beim Händler die Abdeckung abnahmen, machte mich die Schönheit des Wagens geradezu sprachlos.“
— Leh Keen