Im Umgang mit seinen Abfällen will China weg von der Deponierung und zügig hin zu einer modernen Kreislaufwirtschaft. Das Land startet von einem vergleichsweisen niedrigen Niveau. „Chinas Recyclingrate liegt mit geschätzten 20 bis 30 Prozent drei bis viermal niedriger als die Deutschlands“, erklärt Markus Delfs, Experte vom Länderbüro China der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (GIZ).
Bislang kommt dabei dem informellen Sektor in der Volksrepublik eine wichtige Rolle zu. Doch nach dem von der chinesischen Regierung verfügten Stopp der Abfallimporte hat sich dieser zum Beispiel aus dem Plastikrecycling zurück-gezogen. „Hier besteht Bedarf an neuen Lösungen“, so Delfs. „Internationale Unternehmen sind bereits aktiv mit Technologien wie der Trennung gemischter Plastikabfälle oder der chemischen Behandlung von Altplastik.“
Seit diesem Jahr strenges Recycling-Gesetz in Shanghai
Geradezu galoppierend entwickelt sich derzeit die Sammlung und Trennung von Haushaltsabfällen in Chinas Metropolen. Als Vorreiter gilt Shanghai, hier müssen seit Juli 2019 alle privaten und gewerblichen Abfälle getrennt werden – in die Kategorien wiederverwertbar, Nass-Müll, Trocken-Müll und Gefahr-Abfälle. Zusammen mit einem umfassenden Kontrollsystem und scharfen Geldstrafen gilt dieses Recycling-Gesetz als eines der strengsten der Welt. Bis Ende des Jahres 2020 sollen laut dem chinesischen Ministerium für Wohnen und Stadt-Land-Entwicklung in 46 Großstädten Trennungssysteme für Hausmüll eingeführt werden. Dafür sollen 21,3 Milliarden RMB – aktuell rund drei Milliarden US-Dollar – allein in den Bau von Müllentsorgungseinrichtungen fließen.
Steigende Chancen für High-End-Recycling- und Sortiertechnologien
„Neben der Behandlung von Haus- und Gewerbeabfällen sowie gefährlichen Abfällen sehe ich in China steigende Chancen für Technologien zur E‑Schrottaufbereitung inklusive Batterierecycling sowie End-of-Life-Lösungen für Fahrzeuge“, sagt Florian Werthmann, Geschäftsführer der auf Abfall- und Kreislaufwirtschaft spezialisierten Unternehmensberatung Ecologicon aus Reichenberg/Deutschland. Laut chinesischen Branchenkennern besteht zudem ein gesteigertes Interesse an optischen und digital gestützten Sortieranlagen sowie an Rauchgasreinigungslösungen für die wachsende thermische Verwertung des Landes.
Vielversprechendes Investitionsumfeld für internationale Anbieter
Schon heute ist das Reich der Mitte ein wichtiger Abnehmermarkt für die internationale Umwelttechnologiebranche. „Laut einer Umfrage unter unseren Mitgliedsfirmen ist China in der Exportstatistik von deutscher Abfall- und Recyclingtechnik auf einem starken dritten Platz“, schildert Karl Rottnick. Der Referent für Technik und Märkte im Fachverband Abfall- und Recycling des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V. (VDMA) fährt fort: „Gegenüber dem Vorjahreszeitraum ist die Ausfuhr der entsprechenden Anlagen und Maschinen nach China in 2018 um weitere 1,5 Prozent auf einen beachtlichen Exportanteil von 5,5 Prozent angestiegen. Nur die EU-Mitgliedsstatten und Nordamerika nehmen mehr Produkte der Branche ab.“ Und GIZ-Fachmann Markus Delfs prognostiziert: „Obwohl es im chinesischen Recyclingsektor bei der Abfallsammlung und ‑behandlung weiterhin systemische Hürden gibt, ist von einem vielversprechenden Investitionsumfeld für ausländische Technologien auszugehen.“
IE expo China als bedeutende Branchenplattform
Eine baldige Gelegenheit, sich diesem Markt zu präsentieren, ist die IE expo China. Die nächste Auflage der größten Umwelttechnologiemesse in Asien findet vom 21. bis 23. April 2020 in Shanghai statt. Kernpunkte der Schau sind Wasser- und Abwasserbehandlung, Abfallwirtschaft, Altlastensanierung, Luftreinhaltung und Luftreinigung. Die IE expo ist ein Ableger der Ifat in München/Deutschland, der Weltleitmesse für Wasser, Abwasser, Abfall und Rohstoffwirtschaft, und wird begleitet von einem hochkarätigen technisch-wissenschaftlichem Konferenzprogramm. Umgekehrt ist China auch auf der Münchener Leitmesse stark vertreten. Bei Ausstellern wie Besuchern liegt China mittlerweile unter den Top 5 der Länderbeteiligungen.