In einem großangelegten internationalen Forschungsverbundprojekt hat die Technische Universität Ilmenau ein System zur automatisierten Überwachung und Sicherung der Qualität von Trinkwasser im laufenden Versorgungsbetrieb entwickelt. Das digitale Online-Überwachungssystem spürt Verunreinigungen des Wassers in den Rohren auf und leitet im Notfall deren Reinigung ein. Der Ansatz, ein Modell zu entwickeln, das Messung und Optimierung integriert, wurde weltweit noch nie zuvor realisiert. Das Forschungsprojekt wurde durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung mit mehr als einer Million Euro für drei Jahre gefördert, davon erhielt die TU Ilmenau für ihre Forschungsarbeiten gut 273.000 Euro.
In Deutschland transportiert das Trinkwasserversorgungssystem große Wassermengen vom jeweiligen Wasserwerk in die privaten Haushalte oder zu den gewerblichen Abnehmern. Doch viele Rohre sind inzwischen 60 Jahre alt oder älter – eine Verunreinigung des Trinkwassers ist nicht auszuschließen. Und die Wasserqualität ist noch durch etwas Anderes gefährdet: In den vergangenen Jahrzehnten ging der Wasserverbrauch zurück, während das Versorgungsnetz unverändert groß blieb. Das Trinkwasser verweilt länger in den Rohren – eine Verschlechterung seiner Qualität ist die Folge. Eine umfassende, flächendeckende Kontrolle des gesamten Trinkwassernetzes ist dringend geboten.
Doch die Überwachung der Wasserqualität im Rohrleitungssystem mit herkömmlichen Inspektionsmethoden ist überaus aufwändig. Ganze Leitungsabschnitte müssen zeitgleich außer Betrieb genommen, vollständig entleert und nach der Inspektion in der Regel mehrfach gespült werden, bevor sie wieder mit Trinkwasser gefüllt werden. Dies kann zu längeren Unterbrechungen der Trinkwasserversorgung ganzer Stadtteile führen. Hinzu kommt, dass entsprechende Maßnahmen teuer sind und nicht das gesamte Rohrleitungssystem umfassen können. Da zudem Wasserproben nicht flächendeckend, sondern nur stichprobenartig entnommen werden, wird eine mögliche Verschlechterung der Wasserqualität in nicht getesteten Abschnitten möglicherweise nicht schnell genug entdeckt. Und schließlich sind Laboranalysen der Wasserqualität oft zeitaufwändig, sodass Qualitätsveränderungen erst spät festgestellt werden.
Im Forschungsprojekt MoDiCon („Online Monitoring and digital Control in Drinking Water distribution Systems“ – „Online-Monitoring und digitale Steuerung in Trinkwasserversorgungssystemen“) – haben deutsche und israelische Partner aus Forschung und Industrie ein digitales System zur Online-Überwachung und ‑Sicherung der Wasserqualität in großen Wasserverteilungssystemen entwickelt. Ihre Strategie – Modellentwicklung, Messung, Optimierung – ist höchst innovativ: Automatisiert und in Echtzeit kann die Wasserqualität an beliebigen Punkten der Rohrleitungen getestet werden. Neuartige Sensortechnologien wie die lichtbasierte Fluoreszenzmessung und die zellbasierte Durchflusszytometrie spüren unmittelbar vor Ort Bakterien und gesundheitsschädliche gelöste organische Substanzen auf und erfassen ihre Konzentration. Bei einer Verunreinigung des Wassers wird der kontaminierte Leitungsabschnitt isoliert und die optimale Spülstrategie zur schnellstmöglichen Wiederherstellung der Wasserqualität eingeleitet. An den betroffenen Stellen im Rohrleitungsnetz werden Ventile geöffnet oder geschlossen, die Geschwindigkeit oder die Durchflussmenge des Wassers angepasst und optimal dosierte Desinfektionsmittel eingebracht, um die Trinkwasserqualität wiederherzustellen.