In der Praxis des Brandschutzes wird an verschiedenen Stellen vom sogenannten Abschottungsprinzip gesprochen. Häufig ergänzt um den Hinweis, dass es sich beim Abschottungsprinzip um die älteste und gleichzeitig wirkungsvollste Maßnahme des baulichen Brandschutzes handelt. Aber was ist genau unter dem Abschottungsprinzip im Brandschutz zu verstehen? Carsten Janiec, M.Sc. Produktmanager Brandschutz-Systeme bei Doyma, stellt das Thema einmal systematisch dar.
Das Abschottungsprinzip soll dafür sorgen, dass ein Brand nicht von einem Bereich auf andere Bereiche übergreift. Brände können nicht immer wirksam verhindert werden, wie es eigentlich das primäre Schutzziel gem. § 14 MBO bzw. der jeweiligen Landesbauordnungen fordert. Wenn also schon ein Brand ausbricht, so soll zumindest sichergestellt werden, dass sich dieser nicht auf seine Umgebung ausbreitet.
Zwei Ausprägungen des Abschottungsprinzips
Das Abschottungsprinzip kann auf zwei Wegen im baulichen Brandschutz umgesetzt werden:
- Schaffung ausreichender Abstände zwischen Einheiten (makroskopische Abschottung)
oder
- Trennung von Einheiten durch bauliche Maßnahmen (mikroskopische Abschottung).
Der 1. Ansatz wird insbesondere durch Abstände und Abstandsflächen realisiert (siehe § 6 MBO). In der Geschichte sind, nach teils verheerenden Stadtbränden, häufig die Abstände zwischen Gebäuden erhöht worden. Wenn dieses auch zwischen den einzelnen Gebäuden nicht möglich gewesen ist, so wurden zumindest die Straßen deutlich breitet angelegt und mit Ihnen „Blöcke“ gebildet. So sollte ein Übergreifen des Feuers zumindest von einem Block, bestehend aus mehreren Gebäuden, auf angrenzende Blöcke und eine daraus möglicherweise entstehende Feuersbrunst verhindert werden.
Weiterhin bestehen heutige Gebäude, aufgrund ihrer Größe, der zunehmenden Ausdifferenzierung der Nutzungen und der im Gebäude enthaltenen Werte aus mehreren, ggf. sogar vielen Einheiten, die gegeneinander abzuschotten sind. Es ist in solchen Fällen daher einen gebäudeinterne, d.h. eine mikroskopische Abschottung vorzunehmen.
Bauliche Abschottungsmaßnahmen
Zur wirksamen Abschottung verschiedener Bereiche in einem Gebäude finden sich in den Landesbauordnungen, ergänzenden Rechtsvorschriften, Normen und VdS-Regelwerken verschiedene Ansätze.
- Raumbildende Bauteile mit Anforderung an den Feuerwiderstand (Decken, Wände)
- Tragende Bauteile (Decken, Wände, Stützen, Träger etc.)
- Brandwände / Wände in der Bauart von Brandwänden
- Komplextrennwände (Sonderform der Brandwand gem. VdS 2234)
- Gebäudeabschlusswände
Eine Herausforderung stellen in diesem Zusammenhang die in modernen Gebäuden allgegenwärtigen Durchdringungen von abschnittsbildenden Bauteilen durch Leitungen etc. der Haustechnik, Verbindungstüren, Anlagenkomponenten etc. dar. An diesem Stellen ist es, mit wenigen bauordnungsrechtlich geregelten Ausnahmen (siehe z.B. Mlar) notwendig, die Durchdringungen mit einem ausreichenden Feuerwiderstand und funktionssicher auszuführen.
Leitungsdurchführungen durch Wände und Decken
Ver- und Entsorgungsleitungen, die Wände und Decken durchdringen und Nutzungseinheiten miteinander verbinden, sind die Lebensadern unserer technischen Welt. Unter Brandschutz-Gesichtspunkten stellen sie jedoch ein nicht zu vernachlässigendes Gefahrenpotenzial dar. Der planende Architekt, der Bausachverständige, der Gesetzgeber, wissen, welches Gefahrenpotential in solchen Installationsnetzen hinsichtlich der Ausbreitung von Feuer und Rauch steckt. Sicherheit vor der Brandweiterleitung bietet die Abschottung aller Ver- und Entsorgungsleitungen, die Wände durchdringen, an die Anforderungen hinsichtlich des Feuerwiderstands gestellt werden.
Für Leitungsdurchführungen in Verbindung mit Abschottungen gelten eine Vielzahl von Anforderungen und Vorschriften, die in Summe zu dem hohen Sicherheitsniveau im Bereich des Brandschutzes in Deutschland geführt haben. Dass dieser kein Selbstzweck ist, beweisen auch die Großbrände, die leider unvermeidbar sind aber in ihren Auswirkungen bei korrekter Aussführung des baulichen Brandschutzes begrenzt bleiben. Zur sicheren und regelkonformen Abschottungen von Leitungen aller Art, können unter anderem Brandschutzmanschetten zum Einsatz kommen.
Limitierte Wirkungsdauer
Im Gegensatz zu Abständen, ist die Wirkung dieser baulichen Abschottungen hinsichtlich ihrer Wirkungsdauer limitiert, da mit einer zunehmenden Dauer des Feuerwiderstandes der bauliche Aufwand und damit die Kosten erheblich steigen.
Die notwendigen Feuerwiderstandsdauern: feuerhemmend (30 Min.), hoch feuerhemmend (60 Min.) und feuerbeständig (90 Min.) sind, abhängig von dem typisierten Risiko der Gebäudeklasse gesetzlich festgelegt. Von diesen Vorgaben kann u.U. abgewichen werden, wenn z.B. mittels Ingenieurmethoden nachgewiesen wird, dass nur eine kürzere Wiederstandsdauer benötigt wird.
Wirkungsweise und Schutzziel
Mittels beider oben genannter Ansätze kann sichergestellt werden, dass ein Brand zumindest für eine definierte Zeitdauer auf den Bereich beschränkt wird, in dem er ausbrach. Mit Mitteln des baulichen Brandschutzes kann, anders als es u.U. mit dem anlagentechnischen Brandschutz möglich ist, dieser Bereich des Brandausbruchs praktisch nicht gerettet werden. Es wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass bzgl. dieses Bereichs möglicherweise ein Totalverlust eintritt.
Neben diesen bauordnungsrechtlichen Schutzzielen hat das Abschottungsprinzip auch erheblichen Einfluss auf den Sachwertschutz. Dieses Schutzziel ist insbesondere für die Gebäudenutzer und Versicherer von großem Interesse. Hierbei geht es nicht nur darum, sicher zu stellen, dass die Fertigungsanlagen im benachbarten Abschnitt nicht zu Schaden kommen, sondern auch um die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes, möglichst ohne relevante Unterbrechung.
Durch eine intelligente Festlegung der gegeneinander abzuschottenden Bereiche ist es z.B. möglich, Ausfälle ganz zu verhindern oder zumindest zeitlich und bezüglich des Umfanges sehr stark zu beschränken. Mögliche Ansätze sind hierbei z.B. die Trennung gleicher Systeme, um ein gewisses Maß an Redundanz zu schaffen. Dies zu erreichen setzt allerdings voraus, dass neben den bauordnungsrechtlichen Schutzzielen auch die betrieblichen Schutzziele bereits bei der brandschutztechnischen Konzeption ausreichend berücksichtigt werden.
Abzuschottende Bereiche und Abschottungsebenen
Wie dargestellt, ist im Sinne eines ganzheitlichen Brandschutzes nicht allein auf die bauordnungsrechtlich geforderten Abschottungen und damit auch die entsprechende Einteilung der entsprechenden Abschnitte abzustellen.
Im Grundsatz geht es, egal welche Bezeichnung im konkreten Kontext verwendet wird, darum, dass Bereiche, getrennt werden. Die Festlegung, welche Bereiche zu trennen sind, erfolgt typischerweise gemäß einer Risiko-Schutzzielbetrachtung. Herangezogen werden können z.B. die folgenden Kriterien:
- Wichtigkeit eines Bereichs im Brandfalle (z.B. notwendige Flure und Treppen)
- Nachbarschutz, Trennungen zwischen Nutzungseinheiten (Wohnungen, Büros etc.)
- Menge der enthaltenen Brandlasten
- Maximale Flächen für eine effektive Brandbekämpfung
- Maximale Fluchtweglängen
- Redundanz „gleichwertiger“ Anlagen etc.
Weiterhin sind sie so festzulegen, dass sich eine geschlossene Abschottungsebene (horizontal und vertikal) ergibt, die den entsprechenden Abschnitt vollständig und ohne Unterbrechung umhüllt. Gerade Bereiche, in denen die Abschottungsebene verspringt, müssen sauber geplant werden.
Zusammenfassung
Das Abschottungsprinzip sagt also aus, dass Bereiche gegeneinander wirksam brandschutztechnisch getrennt, d.h. abgeschottet werden, um eine Brandausbreitung für eine definierte Dauer zu verhindern. Dadurch werden die Selbst- und Fremdrettung von Menschen und Tieren und die geforderten wirksamen Löscharbeiten ermöglicht. Ergänzend zu diesen bauordnungsrechtlichen Schutzzielen können auch ökonomische Vorteile durch einen erhöhten Sachwertschutz realisiert werden. Doyma trägt mit seinen Produkten der Curaflam-Produktfamilie dazu bei.