Textilfasern und ‑gewebe bleichen und färben, ohne die Umwelt mit Abwasser zu belasten: Das klingt zunächst wie eine Wunschvorstellung. Dennoch: „Minimal liquid discharge“ (MLD) und „zero liquid discharge“ (ZLD), also die Minimierung bzw. komplette Vermeidung flüssiger Abfälle, sind heute bereits Realität – und das dank hoch effizienter Aufbereitungsverfahren, die Umkehrosmose und Ionenaustausch im Verbund einsetzen. Umkehrosmose-Elemente der Marke Lewabrane und Ionenaustauscherharze aus dem Sortiment Lewatit des Spezialchemie-Konzerns LANXESS spielen dabei eine wichtige Rolle.
Wie essentiell ein fortschrittliches Abwassermanagement im Rahmen des verantwortungsvollen Umgangs mit der wertvollen Ressource Wasser ist, verdeutlicht das Thema des diesjährigen Weltwassertags am 22. März: Wasser und Abwasser.
Beispielsweise die Textil- und Lederindustrie mit ihrem traditionell hohen Wasserverbrauch und bisweilen hoch belasteten Abwässern stellen die Entsorgungstechnik und die Trinkwassergewinnung vor große Herausforderungen. Das gilt besonders im asiatischen Raum, wo heute ein regionaler Schwerpunkt dieser Industrien liegt und zugleich gerade in industriellen Ballungszentren viele Menschen mit sauberem Trinkwasser versorgt werden müssen. Einer Studie aus dem Jahr 2009 zufolge wird in 2030 der Wasserbedarf in Indien doppelt so hoch sein wie die verfügbaren Frischwasserressourcen. Das macht deutlich, dass an Wasserrecycling kein Weg vorbeiführt.
„Wasseraufbereitung ist eine bedeutende globale Herausforderung und zugleich ein attraktiver, wachsender Markt“, betont Jean-Marc Vesselle, Leiter des Geschäftsbereichs Liquid Purification Technologies (LPT) bei LANXESS im Vorfeld des diesjährigen Weltwassertags. So wächst der Markt für Umkehrosmose-Membranelemente nach aktueller Einschätzung auch in den kommenden drei Jahren mit jährlich zehn Prozent überdurchschnittlich stark. Bei Ionenaustauschern wird mit einem kontinuierlichen Wachstum von vier Prozent pro Jahr gerechnet. „Mit technologieübergreifenden Innovationen und kontinuierlichen Investitionen werden wir auch künftig den Kundenanforderungen und unserer Verantwortung gerecht werden“, sagt Vesselle.
Modernes Abwassermanagement in Tirupur
Die indische Regierung fördert seit Jahren Initiativen zur Abwasservermeidung und zum Recycling speziell in industriellen Schwerpunktregionen. Ein Beispiel dafür sind leistungsfähige Aufbereitungsanlagen im südindischen Tirupur in der Provinz Tamil Nadu, dem Zentrum der indischen Baumwollverarbeitung. Hunderte von Textilfabriken, speziell viele dort ansässige Baumwollfärbereien, leiteten noch in den 1990er Jahren große Abwassermengen oft ungeklärt in den Fluss Noyyal, der eine wichtige Trinkwasserquelle für die ganze Region ist. Vor allem anorganische Salze und organische Substanzen aus der Cellulosefärberei verunreinigten das Flusswasser so stark, dass die Gewinnung unbelasteten Trinkwassers nahezu unmöglich wurde. Gleichzeitig hat sich in den vergangenen 25 Jahren die Bevölkerung von Tirupur mehr als verdoppelt – und damit auch der Trinkwasserbedarf.
Die Abwassersituation veränderte sich, als die zuständige Behörde Tamil Nadu Pollution Control Board (TNPCB) im Rahmen eines landesweiten Programms ein Aufbereitungsverfahren speziell für Abwässer von Baumwollfärbereien entwickelte. Die Tamil Nadu Water Investment Company Limited (TWIC) begann im Rahmen einer „Public Private Partnership“, entsprechende Projekte umzusetzen. So entstanden und entstehen sowohl dedizierte Aufbereitungsanlagen für große Textilunternehmen als auch Gemeinschaftsanlagen für kleine und mittelständische Färbereien. Solche Anlagen lassen sich ideal mit bereits existierenden Produktionsbetrieben kombinieren. Für neu errichtete Fabriken bieten speziell optimierte Produktionsprozesse weitere Möglichkeiten der Wiederverwendung von Prozesswasser und der Abwasservermeidung jenseits von „End-of-pipe“-Lösungen.
Derzeit werden in der Region Tirupur insgesamt täglich rund 24.000 Kubikmeter Abwasser mit Membranelementen und Ionenaustauschern von LANXESS behandelt.
Abwasserbehandlung für Färbereien – wie es funktioniert
Das mehrstufige „End-of-pipe“-Verfahren beginnt mit einer biologischen Klärung, Schlammabtrennung und Grobfiltration, um die Hauptmenge organischer Inhaltsstoffe sowie dispergierte Partikel, z. B. Fasern, abzutrennen. Danach wird das Filtrat mit Hilfe von Ionenaustauschern zunächst adsorptiv entfärbt und anschließend enthärtet. Im nächsten Schritt entsteht durch Umkehrosmose ein salzarmes, farbloses Permeat, das nur noch weniger als ein Prozent der ursprünglich gelösten Salze und keinerlei organische Verunreinigungen mehr enthält. Es kann häufig direkt in den industriellen Prozess zurückgeführt werden. „Die Vorreinigung durch Ionenaustausch stellt dabei eine sehr wirksame Maßnahme gegen organisches oder biologisches Fouling in der Umkehrosmose dar“, erklärt Alexander Scheffler, Director Membrane Business bei LPT. Das mit Salz angereicherte Retentat kann bei geringem Chloridgehalt direkt wieder im Färbeprozess eingesetzt, aber auch durch Nanofiltration oder fraktioniertes Ausfrieren aufgetrennt und mittels Solartrockner weiter aufkonzentriert werden. Schließlich werden die Salze, vor allem Natriumsulfat und Natriumchlorid, getrennt in fester Form erhalten. Das Sulfat kann erneut im Färbeprozess eingesetzt, das Chlorid deponiert werden. Abwasser fällt bei diesem Prozess nicht mehr an, es handelt sich also um eine ZLD-Lösung. Diese schont nicht nur die Umwelt und die natürliche Ressource Wasser, sondern birgt Kostensenkungspotenziale für die Textilindustrie, vor allem infolge der Salzrückgewinnung. Experten sind überzeugt, all dies könne hinsichtlich der Betriebskosten beinahe zum Nulltarif realisiert werden, wenn vorrangig regenerative Energiequellen eingesetzt würden.
Ein innovativer und effizienter Weg
In einer Textilfabrik in Tirupur beispielsweise werden seit August 2016 154 Membranelemente vom Typ Lewabrane RO S400 HR sowie 7.500 Liter des schwach sauren, makroporösen Kationenaustauscherharzes Lewatit CNP-80 WS eingesetzt, um stündlich rund 85 Kubikmeter Abwasser aufzubereiten. „Wir rechnen mit Standzeiten der Umkehrosmose-Elemente von drei bis vier Jahren, so dass das Verfahren auch ökonomisch sehr attraktiv ist”, erläutert Scheffler. „Die Kombination von Ionenaustausch und Umkehrosmose stellt einen innovativen und effizienten Weg dar, um selbst stark salzhaltiges Abwasser aufzubereiten, das auch organisch hoch kontaminiert ist“, fasst er die bisherigen Erfahrungen zusammen.