Chemiker oder Wissenschaftler chemienaher Disziplinen, die sich in besonderem Maße für die Wahrung der Menschenrechte einsetzen und damit den Dialog zwischen der Chemie und der Gesellschaft voranbringen, werden mit dem Primo-Levi-Preis ausgezeichnet. Der diesjährige Preisträger, Professor Dr. Dr. h.c. Henning Hopf, erhält die Auszeichnung für seine Beiträge sowohl zur chemischen Gemeinschaft als auch zur Gesellschaft im Allgemeinen. Sein Einsatz als Mitglied verschiedener Akademien und chemischer Gesellschaften, einschließlich der GDCh, ist beispielhaft. Insbesondere engagiert er sich seit langem für die Aufdeckung der Verstrickung deutscher Chemiker und ihrer Organisationen in die Strukturen des NS-Staates.
Unter anderem initiierte Hopf eine wissenschaftliche Untersuchung der Vorgängerorganisationen der GDCh. Daraus entstand 2015 das von der GDCh in Auftrag gegebene Buch ‚Chemiker im “Dritten Reich” – Die Deutsche Chemische Gesellschaft und der Verein Deutscher Chemiker im NS-Herrschaftsapparat‘. Das Werk wurde vom Wissenschaftshistoriker Professor Dr. Helmut Maier verfasst und beleuchtet detailliert die Geschichte der Vorläuferorganisationen der GDCh unter besonderer Berücksichtigung der Zeit des Nationalsozialismus.
Hopfs unermüdlicher Einsatz für eine verantwortungsvolle Chemie zeigt sich darüber hinaus in seiner Arbeit innerhalb der International Organization for Chemical Sciences in Development (IOCD), in der er aktives Mitglied der Gruppe Chemists for Sustainability (C4S) ist. Seine Aufsätze zu Themen wie Resilienz, Kreislaufchemie/Ökonomie, Ethik, Diversität und Inklusion haben viel Aufmerksamkeit erregt und auch Hopfs Initiativen zur Förderung der internationalen Zusammenarbeit und zur Unterstützung von Chemiker:innen in weniger wohlhabenden Ländern machen ihn zu einem würdigen Empfänger des Primo-Levi-Preises.
Henning Hopf wurde 1940 im niedersächsischen Wildeshausen geboren und studierte an der Universität Göttingen und an der University of Wisconsin, Madison, USA, Chemie. Nach der Promotion in den USA kehrte er zur Habilitation nach Deutschland zunächst an die Universität Marburg, danach an die Universität Karlsruhe zurück. Nach einer Professur an der Universität Würzburg erhielt Hopf 1978 einen Ruf an die Technische Universität Braunschweig. Er erhielt zahlreiche hohe Auszeichnungen, unter anderem die Adolf-von-Baeyer-Denkmünze der GDCh im Jahr 1996. Er nahm mehrere Gastprofessuren wahr, war in zahlreichen Herausgebergremien von Fachzeitschriften tätig und betrieb erfolgreiche Forschung auf dem Gebiet der Organischen Chemie. Der GDCh ist er seit vielen Jahre verbunden: Neben seiner Tätigkeit im Vorstand und der Ausübung des Präsidentenamtes in den Jahren 2004 und 2005 hat er die GDCh in zahlreichen Gremien engagiert repräsentiert und der GDCh viele Impulse gegeben. 2015 wurde er daher zum Ehrenmitglied ernannt.
Der Primo-Levi-Preis erinnert an den italienischen Schriftsteller und Chemiker, der als jüdischer Widerstandskämpfer nach Auschwitz deportiert wurde. Er überlebte und gilt als bedeutender Vertreter der Holocaust-Literatur. Seine Werke widmen sich dem Gedenken an die Opfer und wenden sich gegen das Vergessen. Am 31. Juli 2023 wäre Primo Levi 104 Jahre alt geworden.