In Flussauen können sich Mikroplastikpartikel ablagern und auch in tiefere Bereiche des Bodens eindringen. Die nachgewiesene Anzahl der Partikel hängt dabei insbesondere vom Bewuchs der Bodenoberfläche, der Häufigkeit von Überschwemmungen und der Bodenbeschaffenheit ab. Dies haben Forscher*innen der Universitäten Bayreuth und Köln bei Untersuchungen in der Rheinaue Langel-Merkenich nördlich von Köln herausgefunden. Die in der Zeitschrift „Science of the Total Environment“ veröffentlichte Studie ist aus der interdisziplinären Zusammenarbeit im DFG-Sonderforschungsbereich 1357 „Mikroplastik“ an der Universität Bayreuth hervorgegangen.
Wenn Mikroplastik über Flüsse in Richtung Meer transportiert wird, können sich die Partikel nicht nur in Fluss-Sedimenten, sondern auch in den Uferbereichen ablagern. Das Forschungsteam aus Bayreuth und Köln untersuchte in der regelmäßig überfluteten Rheinaue Langel-Merkenich, ob auf häufiger überschwemmten Flächen auch eine größere Anzahl von Mikroplastik verbleibt. Besonders interessierten sich die Wissenschaftler*innen dafür, wie sich Mikroplastik in den überschwemmten Böden verteilt und ob es in tiefere Bereiche des Bodens gelangt. Daher sammelten sie, mit zunehmendem Abstand vom Fluss, Bodenproben in zwei verschiedenen Tiefenbereichen: von der Bodenoberfläche bis zu einer Tiefe von fünf Zentimetern sowie in einer Tiefe zwischen fünf und 20 Zentimetern. Die Häufigkeit von Mikroplastikpartikeln und ihre Größe wurde nach einer aufwändigen Aufreinigung in den Laboratorien der Universität Bayreuth mit Hilfe der Mikro-Fourier-Transformations-Infrarot-Spektroskopie (mikroFTIR Spektroskopie) gemessen.
„Die mikroFTIR Spektroskopie ist ein technisch anspruchsvolles Verfahren, mit dem die chemische Zusammensetzung jedes einzelnen Mikroplastikpartikels, der größer als zehn Mikrometer ist, in einer Probe charakterisiert werden kann. Selbst wenn ein Partikel so winzig ist wie ein Zehntel des Durchmessers eines menschlichen Haars, können wir dennoch eindeutig bestimmen, welcher Plastiksorte er zuzuordnen ist. Die Methodik, die wir für Bodenproben entwickelt haben, ermöglicht zudem die Analyse von recht großen und damit repräsentativen Probenmengen,“ sagt Dr. Martin Löder, Leiter der Forschungsarbeiten an der Universität Bayreuth. Insgesamt zeigten die Messungen im Rahmen der Studie, dass die Anzahl der Mikroplastikpartikel in den Bodenproben deutlich schwankte: In einer Tiefe bis zu fünf Zentimeter ließen sich zwischen 25.502 und 51.119 Partikeln pro Kilogramm trockenen Bodens nachweisen; in einer Tiefe zwischen fünf und 20 Zentimetern waren es zwischen 25.616 und 84.824 Partikel. Ungefähr 75 Prozent der Partikel waren kleiner als 150 Mikrometer.
Die Forscher*innen fanden auch heraus, weshalb die Mikroplastikpartikel in den untersuchten Böden der Rheinauen sehr ungleichmäßig verteilt sind: Vor allem in den Senken können sich im Laufe der Überschwemmungen Mikroplastikpartikel anreichern. An Stellen, die durch Grasbewuchs vor Erosion geschützt sind und eine vergleichsweise große Aktivität von Regenwürmern aufwiesen, hatten sich besonders zahlreiche Partikel in tiefere Schichten des Bodens verlagert. „Die Mechanismen, die den Transport von Mikroplastik zwischen verschiedenen Umweltkompartimenten bedingen, sind unglaublich komplex. Mit unserer in Bayreuth entwickelten Methode konnten wir auch kleinste Mikroplastikpartikel im Auenboden nachweisen und zeigen, welche Faktoren bei der Verlagerung in tiefere Bodenschichten eine Rolle spielen,“ sagt die Bayreuther Doktorandin und Mitautorin Julia Möller M.Sc., die sich auf die Erforschung von Mikroplastikpartikeln in Böden spezialisiert hat
„Unser interdisziplinärer Ansatz kann auch auf andere Überschwemmungsgebiete übertragen werden, um die entsprechenden Prozesse aufzuklären. Informationen aus solchen Untersuchungen sind sowohl für die Lokalisierung potenzieller Mikroplastiksenken für Probenahmepläne als auch für die Identifizierung von Gebieten mit erhöhter Bioverfügbarkeit von Mikroplastik für eine angemessene ökologische Risikobewertung von wesentlicher Bedeutung.“
— Professorin Dr. Christina Bogner