Wie die Besiedelung von nützlichen Pseudomonas-Stämmen vor deren schädlicher bakterieller Verwandtschaft schützt: Das haben nun Forschende des Max-Planck-Instituts für Biologie Tübingen herausgefunden. Ihre Studie, die jetzt in Nature Ecology & Evolution veröffentlicht wurde, zeigt, dass die Koexistenz von gutartigen und krankheitserregenden Pseudomonas-Bakterien auf den Blättern des Modellorganismus Arabidopsis thaliana die Gesundheit der Pflanze verbessert. Abhängig ist das genaue Ausmaß des Schutzmechanismus von den genetischen Eigenschaften sowohl der Pflanze als auch der Mikroben. Die Ergebnisse könnten dazu beitragen, natürliche Alternativen zu synthetischen Pestiziden zu entwickeln.
Auf den Blättern von Pflanzen leben Mikroben, ähnlich wie auf der Haut oder im Darm des Menschen. Die Besiedelung von Mikroben kann gesundheitsförderlich sein, aber auch Krankheiten verursachen. Ein Forschungsteam um Or Shalev und Detlef Weigel verfolgte das Ziel, die Vorteile für die Pflanze besser zu verstehen, wenn sowohl pathogene als auch sogenannte kommensale Pseudomonas-Stämme auf den Blättern von Arabidopsis thaliana koexistieren. Kommensalen sind Mikroben, die auf Organismen leben und entweder positive oder neutrale Auswirkungen auf den Wirt haben. Untersucht wurde insbesondere welchen Effekt die Kommensalen auf ihre schädlichen Verwandten haben und wie sie dadurch ihre pflanzenschützende Wirkung entfalten.
“Das Ergebnis einer früheren Studie unserer Abteilung warf die Frage auf, wie Pflanzen Krankheitserreger beherbergen und dennoch gesund bleiben können. In der Landwirtschaft werden viele Methoden wie der Einsatz von Pestiziden oder der Beschnitt von Pflanzen genutzt, um Krankheitserreger loszuwerden, daher ist es überraschend zu beobachten, dass viele Wildpflanzen in Harmonie mit ihren Erregern leben können.”
— Or Shalev, Studienleiter
Unter möglichst naturgetreuen Bedingungen infizierten die Wissenschaftler:innen eine Gruppe von Pflanzen nur mit Kommensalen, eine andere nur mit schädlichen Erregern und eine dritte Gruppe mit einer Mischung aus gutartigen und krankheitserregenden Pseudomonas-Stämmen. Ziel war es, die Übertragung der Bakterien durch Wind und Regen zu simulieren und die Pflanzen in der Erde und nicht in den typischen Anzuchtplatten anzubauen. Mit Hilfe der Methode des “Genome-Barcoding“ konnten genetisch eng verwandte Vertreter voneinander unterschieden werden.
Genetische Variation relevant: sowohl in der Pflanze als auch in den Bakterien
Das Forschungsteam beobachtete, dass die Besiedelung von kommensalen Pseudomonas eine Immunantwort der Pflanze stimulierte, durch die das Wachstum ihrer verwandten Schädlinge unterdrückt wurde. “Dies ist ein ungewöhnliches Ergebnis, da alle infizierten Bakterien aus derselben Gattung stammten und diese Immunreaktion nur speziell eine pathogene Linie adressierte. Darüber hinaus umfasste das Kommensalen-Konsortium eine Vielzahl von Kommensalenarten, von denen jedoch keine durch die Pflanze gehemmt wurde. Dies ist ein weiterer Beleg dafür, wie spezifisch die von der Pflanze vermittelte Immunantwort war”, betont Shalev.
Allerdings konnte die Abwehr der Erreger nicht in allen Pflanzen nachgewiesen werden. Ob der Schutz vor pathogenen Pseudomonas funktioniert, hängt sehr stark von den genetischen Eigenschaften sowohl der Pflanze als auch der auf ihr siedelnden Bakterien ab. “Ein weiterer wichtiger Aspekt unserer Arbeit war die Feststellung und Beschreibung einer vorhandenen kollektiven Schutzwirkung. Wir haben nicht einzelne Individuen als Akteure ausgemacht, sondern eine Synergie des Kollektivs”, erklärt Shalev.
Auswirkungen auf die Landwirtschaft
Die neu gewonnenen Erkenntnisse könnten für die Landwirtschaft von großer Bedeutung sein. Noch müssen die Mechanismen genau verstanden werden, wie Pflanzen im Einklang mit Krankheitserregern zusammenleben können. Die Ergebnisse aus Anschlussstudien könnten jedoch der Schlüssel zur Entwicklung neuartiger Lösungen in der Landwirtschaft sein, um den Einsatz synthetischer Pestizide zu verringern.