Die Abfüll- und Verpackungsanlagen von Swiss Can Machinery sind durchgängig modular aufgebaut. Deshalb nutzt das Unternehmen bei der Antriebstechnik einen skaliert aufgebautes Produktprogramm.
Eine Maschinenlösung für unterschiedliche Anwendungsgebiete und Branchen: Wie sich dieses Ziel erreichen lässt, zeigen die Abfüll- und Verpackungsanlagen der Swiss Can Machinery AG. Kommen diese beispielsweise für Pharmaprodukte ins Spiel, greifen die Schweizer bei der Aktorik zu Edelstahlmotoren. Sind die Hygieneanforderungen der Lebensmittelindustrie das Maß der Dinge, sind Motoren mit Washdown-Food-Beschichtung im Einsatz – oder auch „ganz normale“ Synchronservomotoren in Bereichen mit geringen Ansprüchen an „Food Safety“. Der Vorteil dieses Konzeptes: Die komplette Steuerungstechnik samt Motion Control kann erhalten bleiben – was letztlich die Entwicklungszeiten gravierend verkürzt.
„Wir waren bei den Motoren auf der Suche nach einem Hersteller, der uns sowohl günstige Motoren liefert, als auch eine hochhygienische Version. Die einen sind für den Standardmaschinenbau und die anderen für Maschinen, die später bei Pharmaherstellern stehen. So sind wir schließlich zu KOLLMORGEN gekommen – als wir nach rostfreien Servomotoren suchten“, blickt Marc Grabher, Geschäftsführer Technik bei Swiss Can Machinery auf die Anfänge der Zusammenarbeit zurück.
Der Griff in ein umfangreiches Sortiment habe den Vorteil, dass sich Motoren sehr leicht austauschen lassen, ohne im Engineering Zeit zu verlieren. Indem Swiss Can unterschiedliche Synchronservomotoren mit Einkabelanschlusstechnik von KOLLMORGEN bezieht, kann die Grundprogrammierung einer Anlage erhalten bleiben – unabhängig davon, ob Kaffee oder Milchpulver abgefüllt wird. Ebenfalls unverändert bleiben der Maschinenbau sowie die Installation mit nur einem Kabel zwischen dem AKD Servoregler im Schaltschrank und dem ausgewählten Motor in der Maschine.
Passgenau skalierte Antriebstechnik
Alternativ dazu könnte Swiss Can Machinery für sämtliche Anwendungsfälle bei der Ausrüstung auch zum größten gemeinsamen Vielfachen greifen. Dieser Weg bedeute aber, in vielen Anwendungen eine Technik zu verwenden, die völlig überzogen – und damit deutlich zu teuer – wäre. „Unterschiedliche Maschinenlinien kommen für uns ebenfalls nicht Frage, weil wir dafür einfach zu klein sind“, stellt Marc Grabher klar. Der Maschinenbauingenieur hat das schnell wachsende Unternehmen 2013 zusammen mit seinem Bruder Michael in Berneck am Bodensee begründet. Angesichts dieser schlanken Ausrichtung, waren die Verpackungsspezialisten bei der Entwicklung von Abfüll‑, Transport- und Verpackungsmodulen auf der Suche nach Lieferanten, die ein möglichst breites Einsatzspektrum skaliert abdecken können.
„Wenn wir das Ganze aus Sicht der Automatisierung betrachten, dann haben wir es mit Maschinen zu tun, die regelungstechnisch gleich sind und nur bei den Motoren angepasst werden“, fasst Silvester Tribus zusammen. Der CEO der TBM Automation AG aus Widnau hat Swiss Can im Engineering als Channel Partner von KOLLMORGEN eng begleitet. In der Praxis reduziere sich etwa der Griff zum Edelstahlmotor aus der KOLLMORGEN Reihe AKMH höchstens darauf, einen Flansch anzupassen. „Wir haben keinen vergleichbaren Hersteller gefunden, der über so ein stimmiges und für uns passendes Sortiment verfügt“, unterstreicht CTO Marc Grabher.
Neben des Zeitgewinns bei der Entwicklung, profitieren OEM und Betreiber gleichermaßen davon, dass die Einheitlichkeit im Schaltschrank aufgrund der hohen Standardisierungsgrades auch den Aufwand für die Ersatzteilbevorratung begrenzt. „Wir decken ja mit einem einzigen AKD Servoregler eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Aufgaben ab“, bringt es Silvester Tribus auf den Punkt.
Spezielle Produkte in kleinen Chargen
Typische Aufgaben der Maschinen vom Bodensee sind das Abfüllen von Milchpulver – und zwar spezieller Milchpulver für beispielsweise Säuglinge mit Nierenerkrankungen. „Wir sprechen von Produkten, die in einer 900 Gramm Dose schon mal 100 Euro kosten können“, skizziert Marc Grabher den Markt, in dem die Anlagen seines Unternehmens international gefragt sind. Sie sind deshalb so erfolgreich, weil die einschlägig bekannten Maschinenbauer für Abfülllinien von Schnellläufern zwar 200 bis 300 Dosen in der Minute sehr gut können, für kleinere Produktionsmenge aber viel zu unflexibel, zu groß und zu teuer sind.
Häufig wechselnde Produktionschargen in unterschiedlichen Abfüllmengen und variierenden Gebindearten und –größen: Gerade hier stellt Swiss Can Machinery seine Leistungsstärke immer wieder unter Beweis. Die Anlagen sind mit ihrer Produktionsleistung von 20 bis 80 Dosen in der Minute kompakt konzipiert und sie lassen sich sehr einfach und zeitsparend umrüsten. Das macht sie für Unternehmen interessant, die häufig wechselnd hochpreisige Spezialprodukte in vergleichsweise kleinen Mengen herstellen.
Hygienisch und effizient
„Milchpulver ist ein schwieriges Abfüllprodukt. Es kann sehr unterschiedliche Fülleigenschaften aufweisen, je nach Rezeptur, Fettgehalt, Trocknungsmethode, Granulierung und Feinheitsgrad“, sagt CEO Michael Grabher. Es erfordere ein entsprechendes Know-How, um Maschinen zu konstruieren, die Milchpulver sauber, genau und effizient abfüllen. Bei der Entwicklung der Produktionslinie hat Swiss Can Machinery nach eigenen Angaben sehr viel Zeit in die Elektronik und Automation gesteckt. „Der Anteil der Mitarbeiter mit Automatisierungsschwerpunkt in unserem Unternehmen wächst“, erklärt Marc Grabher. „Wir wollen moderne Maschinen bauen, in denen die meisten Prozesse automatisch ablaufen. Als Schweizer Unternehmen liegt die Messlatte bei der Qualität entsprechend hoch – vor allem bei Hygiene und Effizienz“, beschreibt sein Bruder Michael die Strategie. Effizienz heißt, die nach einem Produktwechsel anstehenden Umrüstarbeiten in Form von schnellen Formatverstellungen zeitsparend in den Griff zu bekommen. „Das Dosenverschließen an sich ist eine Technologie, die mehr als 100 Jahre alt ist. Entsprechend hart ist der Wettbewerb“, sind sich beide einig.
Rüstzeiten verkürzen
Einen wertvollen Beitrag, unproduktive Rüstzeiten zu verkürzen, ist die Konzeption kompletter Formatsätze. Als Set sind diese einheitlich farblich markiert. Kommt es zu einem Produktwechsel in einer veränderten Verpackung, muss der Maschinenbediener nur eine komplette Farbe austauschen. „Das verhindert Verwechslungen und macht die Umrüstung sicherer und schneller“, fasst Marc Grabher zusammen. Zudem sind Farben losgelöst von Sprachen – was sich im Export als echter Vorteil erweist.
Angesichts der Tatsache, dass der Milchpulvermarkt ein internationaler ist, stand Swiss Can Machinery in der frühen Entwicklungsphase hierbei auch vor der Herausforderung, dass zur jeweiligen Landessprache auch kontinentale Gepflogenheiten bei der Steuerungstechnik hinzukommen. Üblicherweise setzt Swiss Can auf der SPS-Ebene eine Siemens S7 1500 ein, scheut sich aber auch nicht davor, Kundenanforderungen nach einem bestimmten Steuerungstyp und –hersteller umzusetzen. Diese Flexibilität können die Schweizer deshalb ohne komplexe Anpassungsarbeiten in der Programmierung und der Kommunikation anbieten, weil die reine Ablaufsteuerung von der Motion Control getrennt ist. Die Bewegungssteuerung läuft in den AKD Servoreglern von KOLLMORGEN und bei rechenintensiveren Aufgaben künftig im Motion Controller PCMM. Das kleine Gerät dient in vielen anderen Applikationen auch als zentrale Übersetzungsstelle zwischen verschiedenen Kommunikations¬protokollen. Swiss Can bindet zum Beispiel die AKD Servoantriebe per Modbus an die Steuerung an.
Generell gilt, dass gerade die Schnittstellen zwischen Antrieben, SPS, Motion und der weiteren Aktorik wie Sensorik immer ein riesen Thema im Maschinenbau darstellen. „Da steckst du Stunden rein“, berichtet Danijel Todorovic, Projektleiter bei TBM, aus Erfahrung und der engen Zusammenarbeit mit Martin Rupf, Applikationsingenieur bei KOLLMORGEN im Schweizer Neuhausen im Rheinfall. „Es gibt häufig Angst vor der Schnittstelle, weshalb flexible Interfaces gefragt sind“, unterstreicht Silvester Tribus. Für Marc Grabher sind Herausforderungen wie diese, weshalb sein Unternehmen so viel Wert auf eine intensive Zusammenarbeit mit Systempartner legt. „Wir wissen, wie unsere Maschinen aussehen sollen und was sie können müssen. Bei der Anbindung der Steuerungstechnik brauchen wir aber Unterstützung, damit wir schneller Maschinen projektieren und liefern können“, sagt der technische Geschäftsführer.